Es ist immer wieder unglaublich
aufregend zu beobachten wie groß das Gespür Israels für das
richtige Timing ist. Die westliche Weltgemeinschaft muss noch
Russland dafür züchtigen, weil es einen Teil Russlands, den ein
kommunistischer ukrainischstämmiger Generalsekretär vor genau 60
Jahren an seine Heimat-Republik angegliedert hatte, unter illegaler
Zustimmung von ungefähr 90% der dortigen Wohnbevölkerung
völkerrechtswidrig der russischen Föderation angegliedert wurde.
(Dies ist natürlich politisch nicht korrekt und eine falsche
Meinung, die man im Westen sicherlich haben darf – theoretisch)
Klarer Weise brechen die Russen Völkerrecht – es ist auch
sicherlich völkerrechtlich geregelt, dass man in der Ukraine
ukrainisch als alleinige Amtssprache verordnen kann und dass man das
Selbstbestimmungsrecht der Völker auf der Ebene des ukrainischen
Staates enden lässt.
Leider
muss man miterleben wie die Psychologie der Massen und deren
populistischen Vertreter hier den Ton angibt und es offenbar eher um
alte Erniedrigungen, aufgestaute Wut und dazugehörende Rachegefühle
der ehemaligen, unter der sowjetischen Hegemonie gefangenen Völker
handelt. Alle die noch Rechnungen mit den Russen offen haben, laufen
jetzt herbei mit ihren Ölkannen um fleißig das Feuer zu gießen,
das seit 20 Jahren nicht richtig entzündet werden konnte. Jetzt
endlich kann man seiner alten Angst vor der russischen Übermacht
politische und militärische Taten entgegensetzen. Russlandbashing
als verspätete Therapie und Vergangenheitsbewältigung der
ehemaligen Ostblockstaaten und Sowjetrepubliken. Ohne die
geschichtlichen Wurzeln wirken einige der „Bestrafungen“
Russlands mehr als verkrampft und aufgesetzt. Die Menschen auf der
Krim – die interessieren hier schon seit langem nicht mehr.
Auch in
den USA sieht man Ansätze dieser psychologischen Verarbeitungsform
indem man religiösen Regimen durch national-fundamentalistische
obrigkeitsorientierte Organisationen zu begegnen sucht oder Angriffe
durch Passagiermaschinen mittels revanchistischer Angriffe
unbemannter Drohnenflugzeuge rächt. Oder das Trauma der iranischen
US-Geiselnahme durch Entführungen und Geheimgefängnisse zu
verarbeiten sucht.
Also,
genau in dem Moment, wo die westliche Welt ihre unglaubliche
Prinzipientreue und standhafte Einhaltung des Völkerrechts ohne wenn
und aber zum Besten gibt, da findet die israelische Regierung den
perfekten Moment für „Sanktionen“ gegen von ihr seit über 40
Jahren annektierte Gebiete. Wobei man muss ja schon auch den Unbill
der Israelis verstehen, da die Annektierten sich nicht wie
Annektierte verhalten und einfach so mir nichts dir nichts Anträge
bei der UNO stellen. Das „Palästinenserproblem“, also das
Problem der Palästinenser von ihrem Land, in einem seltenen Kleinod
der Kolonialherrschaftlichkeiten im Zusammenspiel mit
Problemverlagerungsmethoden der westlichen Staatengemeinschaften,
vertrieben und vollkommen ihrer Selbstbestimmung beraubt zu sein,
dümpelt ja seit Langem unauffällig vor den Völkerrechtlern so
dahin.
Der
Aufschrei der westlichen Völkerrechtskreuzritter wird unglaublich
sein und Israel sofort aus der UEFA ausgeschlossen werden – oder
wenigstens sein Stimmrecht verlieren. Ganz sicher. Der Gazastreifen
ist zu 100% abgeriegelt und damit zu 100% von der Versorgung mit Gas
und allem anderen von Israel abhängig. Aber Israel würde doch nie
Millionen von Menschen von jeder Versorgung abschneiden, die würden
nie das Geld der Palästinenser „einbehalten“ oder Gasquellen in
annektierten Gebieten alleine ausschlachten. Nein, Israel verteidigt
nur seine Menschen gegen die palästinensische Aggression. Das steht
ja im Völkerrecht, dass man dafür eines der dichtes besiedelten
Gebiete auf diesem Erdball bombardieren darf. Und vorher noch eine
Mauer um das Getto gebaut, damit auch keiner entkommt, diese
radikal-palästinensischen Terroristen. Auch irgendwie der im Maßstab
1:1 nachgebaute Vergangenheitsbewältigungspark für Überlebende des
Warschauer Gettos. Irgendwie geht es sogar in der großen Politik
immer auch um die psychologieschen Komponenten der beteiligten
Völker. Ohne deren Kenntnis schaut das Verhalten einiger sehr
eigenartig aus. Die Frage, die endlich einmal gelöst gehört ist ob
es so etwas wie politische Sippenhaftung über Generationen hinweg
gibt? Müssen sich Deutsche, Russen und die zum Handkuss gekommenen
Palästinenser im Hier und Jetzt für vergangene Taten und Handlungen
nicht mehr existierender Generationen als Prügelknaben für das
erlittene Unrecht anderer Völker zur Verfügung stellen? Ist Rache
und Vergeltung eine Dimension des Völkerrechts?
Die
Ukrainer haben noch jede Menge offener Rechnungen mit den ehemaligen
Herrn aus Russland, so wie die Polen, Balten, Bulgaren, Ungarn,
Tschechen, Georgier, Moldavier usw. Den, in den befreiten Staaten
zurückgebliebenen Restbestände des ehemaligen Mehrheitsvolkes geht
es so wie einem kleinen goscherten Buben am Schulhof der immer seinen
großen Bruder als Schutzmacht hatte und dieser plötzlich in die
nächste Schulstufe vorrückte. Jetzt hilft ihm nicht einmal eine
kleinlautere Strategie gegen das revanchistische Auftreten der neuen
Schulhofmachteliten.
Bei
Israel kommt es wohl zum Tragen, dass es Rachegefühle gegenüber
allen denjenigen, die die Juden unterdrückt und ermordet haben nie
wirklich ausleben konnte. Der Gazastreifen hat irgendetwas von einer
Projektion was Israel viel lieber mit Deutschen, Österreichern,
Ungarn und all den anderen europäischen Antisemiten der damaligen
Zeit machen würde. Oder noch geschichtsträchtiger mit den Persern.
Gleichzeitig bestätigt sich wieder einmal das Problem des Konzeptes
Rache, dass es im Endeffekt beide Seiten zerstört. Die
Weltgemeinschaft steht auch etwas unschlüssig herum im Falle
Israels, da alle das prinzipielle Bedürfnis nach, nun möglicher
Selbstverteidigung der Israelis versteht, jedoch trifft es hierbei
eben um Jahre zu spät auch noch die Falschen. Eine geduldete
Ersatzhandlung als völkerrechtliche Dimension?
Dies
würde jedenfalls erklären warum man Russland für weniger prügelt
wo man bei Israel einfach wegschaut. Wäre da nicht das peinliche
Gefühl der Israelis für Timing.
Eines
wird jedenfalls immer wieder gerne wohlwollend übersehen. Die USA
nehmen sich als einziges Land der Welt auf Grund ihres
Weltführungsanspruches heraus systematisch nationales Recht über
internationale Übereinkünfte und Rechtsvereinbarungen zu stellen.
Das ist das allseits anerkannte weltweite Gutsherrenprinzip der
Amerikaner. Britannia rules the waves und Amerika die Welt.
DI
Mathias Gruböck Baden, 11.04.2014
Unternehmens-
und Organisationsberater
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