09 Juli 2017

Sicherung der Grundwerte durch den Verfassungsgerichtshof

Einer der grundlegenden Werte in Österreich stellt die Neutralität dar. Im Zuge der Werteschulung von Menschen mit anderen Werten, die Österreich aufgenommen hat, stellt die Verfassung wohl den zentralen Ansatz dar.

 

Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs.
StF: BGBl. Nr. 211/1955 (NR: GP VII RV 520 u. 598 AB 626 S. 80. BR: S. 109.)

 

(2) Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiete nicht zulassen. (RIS)

 

Im exakten Gegensatz hierzu präsentiert das Österreichische Bundesheer sich in einer militärischen Kooperation mit der NATO und NATO-Partnern zu befinden. Unter anderem gelten hier auch Staaten, die sich aktuell in kriegerischen Auseinandersetzungen befinden (Ukraine) als Kooperationspartner des Österreichischen Bundesheeres. Bundesheerangehörige in Assistenztruppenkörpern der ukrainischen Armee (hauptsächlich durch legalisierte Kämpfer aus NATO- und PfP-Ländern gestellt) deuten auf eine weitere, sehr flexible Auslegung dieser Partnerschaftsverhältnisse hin.

 

Die Partnerschaft für den Frieden und das Österreichische Bundesheer (I)

10 Jahre in der PfP (Partnership for Peace)

Seit nunmehr zehn Jahren nimmt Österreich an der NATO-Initiative Partnership for Peace (PfP) teil. Für das Österreichische Bundesheer hat sich damit ein Feld der Zusammenarbeit eröffnet, das eine praktische militärische Kooperation von insgesamt 46 Nationen (26 NATO-Nationen und 20 Partnernationen) im Euro-Atlantischen Raum zulässt. Dabei kann jedes Land bilateral mit der NATO die Bereiche festlegen, in denen es mit der NATO und den übrigen Mitgliedern der PfP zusammenarbeiten will.

Seit 1995, dem Beitrittsjahr Österreichs zur Partnerschaft für den Frieden, haben bereits mehr als 10 000 österreichische Soldaten an den verschiedensten Aktivitäten im Rahmen der PfP teilgenommen, einschließlich der Truppengestellung für von der NATO-geführte Operationen. (Homepage BH)

Seit dem 11.09.2001 führt die NATO mehrere völkerrechtswidrige Angriffskriege durch. Dadurch sah sich der österreichische Gesetzgeber gezwungen den Tatbestand der Neutralitätsgefährdung mit Wirkung 30.09.2002 ersatzlos aufzuheben um sich selbst nicht durch die verpartnerschaftliche Teilnahme an Unterstützungsleistungen bei diesen Angriffskriegen direkt strafbar zu machen. Dies stellt eine massive Umgehungsgesetzgebung dar um unsanktioniert das Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die immer währende Neutralität Österreichs brechen zu können.

Zuletzt angestrebte militärische Zertifizierungen des österreichischen Bundesheeres entlang von NATO-Rüstungs- und Einsatznormen stellen einen eindeutigen Beweis für eine faktische Mitgliedschaft in einem Militärbündnis dar. Laut gängiger Rechtsmeinung reichen bereits vage Verbindungen über soziale Medien für den strafrechtlichen Tatbestand der Teilnahme an einer terroristischen Vereinigung oder die Reise in ein Gebiet um sich illegal militärischen Gemeinschaften angeschlossen zu haben.

Jetzt haben die gesetzgebenden Parteien auf Grund der missliebigen Vorgänge im Zuge diverser Wahlanfechtungen anscheinend die Staatsgerichtbarkeit des Verfassungsgerichtes beschnitten oder zumindest verändert, da §142 irgendwie doch zeitgleich mit dem Amtsantritt des neugewählten Bundespräsidenten (31.12.2016) geändert wurde.

Staatsgerichtsbarkeit (Art. 142 und Art. 143 B-VG): Im Rahmen dieser Kompetenz entscheidet der VfGH über die Anklage von obersten Organen des Bundes oder der Länder wegen Verletzung der Bundesverfassung. Die Sanktionen reichen von der Ermahnung bis zur Amtsenthebung und dem zeitlich befristeten Entzug der politischen Rechte. Wird durch die Verletzung der Bundesverfassung auch ein strafrechtlicher Tatbestand erfüllt, dann hat der VfGH auch über die strafrechtliche Verurteilung zu entscheiden. (Wikipedia)

Wie viel mehr muss sich Österreich dem Militärbündnis NATO noch anschließen bis der Verfassungsgerichtshof zur Erkenntnis gelangt, dass es sich dabei um einen Bruch des Neutralitätsgesetzes handelt? Inwieweit verteidigen österreichische Rüstungsgüter im Wert von zumindest 50 Millionen Euro und BH-Angehörige in Afghanistan selbständig und immerwährend die österreichische Neutralität?

Im Zuge der Volksabstimmung zum EU-Beitritt wurde den stimmberechtigten Wählern versichert, dass die Verfassungsbestimmungen bezüglich der Neutralität vollinhaltlich erhalten blieben. Erlaubt das Verfassungsgericht jetzt konkludent dass man alle Verfassungsbestimmungen derart aushöhlen kann wie den Absatz 2 des Neutralitätsgesetzes? Wozu gibt es dann überhaupt eine Verfassung, wenn man gewisse Dinge einfach anders nennen muss und schon ist man ein „ko-operativer Partner" und damit kein Mitglied in einem Militärbündnis? Warum stürzen Panzer der deutschen Bundeswehr am Truppenübungsplatz Lizum/Walchen ab ohne, dass das Verfassungsgericht hinterfrägt was deutsche Truppenkörper auf österreichischen Truppen-Übungsplätzen machen. War das Neutralitätsgesetz nicht letzten Endes die Lösung für die Probleme die daraus entstanden sind, dass sich ganz viele deutsche Truppenkörper in Österreich aufgehalten haben und Österreicher sich gezwungen sahen diese Truppenkörper in der Ukraine, Nordafrika, dem Baltikum u.v.a.m zu unterstützen? So wie heutzutage in Afghanistan, Syrien, Libyen, im neugeformten Kurdistan (Irak, Syrien, (Türkei, (Iran))) und sonstwo?

Wie lange kann man Verfassungsgesetze derart flexibilisieren, dass auch genau das Gegenteil möglich ist, ohne, dass es einem Verfassungsgerichtshof auffällt? Klar ist diese Art sich politisch am einfachsten irgendwie durchzuwurschteln auch fast Teil des österreichischen Wertekataloges – aber eben nicht der Verfassung. Die österreichische immerwährende Neutralität ist mittlerweile durchsichtiger als des „Kaisers neue Kleider". Die Frage bleibt aber, wozu man sich selbst dauernd Regeln gibt um sie dann mit noch mehr Aufwand und rechtlichen Verballhornungen flexibel zu unterlaufen?

Wahrscheinlich ist das Verfassungsgericht nicht für so direkte Fragen zu  Verfassungsthemen zuständig, möchte auch noch warten wie die nächsten Wahlen ausgehen oder ob es der Staatsräson und deren vertretenden Parteien gut tut auf Zuruf von Transatlantikern neue Waffensysteme bei ihnen zu kaufen. Und wenn das Verfassungsgericht noch einmal so gegen den Willen der Herrn Lopatka und Schieder entscheidet, dann gibt es auch gleich das Gesetz, dass die proportionalen Delegierten der einzelnen Parteien im Verfassungsgerichtshof ihre Rechtsfindung öffentlich bekanntgeben müssen um dann, bei Nichtgefallen, anonyme Anzeigen bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft gewärtigen zu müssen (aber das sind ja nur die Semi-Profis vom BVwG, die noch eine Chance bekommen haben „richtig" zu entscheiden und nicht nach dem was das Parlament alles nur „formal" aufrecht erhält (wie zum Beispiel Klimaschutzziele).)

Vielleicht könnte sich auch Herr Dr. Schinzer mit dem Thema Neutralitätsgefährdung beschäftigen, da er ja ein so neutrales Gespür für politische Themen hat und es auch gleich in staatlichen Medien am kurzen Weg publiziert.

DI Mathias Gruböck

Unternehmens- und Organisationsberater

Am Flachhard 24

2500 Baden

 

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