Es ist sicherlich
so, dass englische Beamte, genau so wie alle anderen Beamten weltweit
es schaffen ihre Handlungen durch Gesetze und Regeln zu unterlegen.
Auf der anderen Seite ist auch ganz sicher, dass alles was technisch
möglich ist gemacht wird. Die Freunde vom NSA und vom GCHQ haben
sich natürlich all diese monströsen Anlagen und Megasysteme
hingepflanzt um damit ein, zwei suspekte Personen zu überwachen.
Nein sicherlich nicht. Es geht eher darum, die Weichheiten und
Ungenauigkeiten im Gesetz kreativ so zu nutzen, dass alles gesetzlich
gedeckt ist. Für die vielfältigen neuen Technologien und Methoden
gibt es noch keine passenden Gesetzespassagen wie mit ihnen
umgegangen werden muss oder kann. Zudem kommen mannigfaltige
Verschränkungen zwischen privatwirtschaftlichen und offiziellen
Strukturen die jeweils anderen Gesetzeslagen unterliegen. Ist es
gesetzeskonform, wenn eine Privatfirma Daten analysiert, zu denen sie
zuvor von einem offiziellen Auftraggeber Zugang bekommen hat um dann
die Ergebnisse und Auswertungsdaten wieder an eine andere offizielle
Instanz, möglicher weise sogar in einem anderen Rechtssystem,
weiterzuliefern? Wurde da schon irgendwas ausjudiziert? Nein sicher
nicht. Als Rechtsgrundlage reicht den Herrn offenbar der Auftrag
eines Ministers, da Minister ja durch Volkswahl keine
gesetzeswidrigen Aufträge erteilen können. Bis hierher ist es noch
ein breites Feld über das ein politischer Diskurs geführt werden
muss, ob alles was irgendwie „geht“ auch gemacht werden soll und
darf.
Jetzt
kommt aber noch der Untergriff. Überwachung (also die angeblich
nicht fächendeckende) verhindert Terroranschläge. Seit der
Überwachung habe es keine Terroranschläge mehr gegeben. Aha – das
ist aber die absolute argumentative Trickkiste. Eine Verknüpfung von
Überwachung und Tatbegehungen ist schwer fragwürdig. Noch
fragwürdiger ist, dass der Herr Snowden den Terroristen hilft? Wenn
einem Terroristen bisher nicht klar war, dass er möglichst Handy und
Mail bei der Abstimmung seiner Anschlagspläne vermeiden sollte und
tunlichst nicht im Facebook zum nächsten „Bombenbastelmeeting“
einladen sollte, dann müsste man ihn eher in die Kategorie
Lachnummer anstatt Schrecknummer einordnen. Wenn wirklich ein
Terroranschlag beim herumfiltern im Internet auffliegt, dann war der
so stümperlich, dass er keiner weiteren Beachtung wert ist. Jedem
Leser von Spionageromanen wird eine Vielzahl von Möglichkeiten der
Überwachung und des kreativen Umgangs damit dargelegt. Was die nicht
leugenbare Nachweisführung durch Edward Snowden, dass eine Menge
Dinge unter dem Mäntelchen der Terrorbekämpfung gemacht werden, die
so gar nichts mit dem Aufdecken irgendwelcher Komplotte zu tun haben,
den Terroristen jetzt genau hilft, ist nicht ganz verständlich. Ganz
schwaches Argument oder der Ansatz zum Zurückschlagen –
Terrorismushelfer = so gut wie ein Terrorist - und schon ist man
vogelfrei. Wieder so ein schöne „gesetzlich gedeckte“
Konstruktion, die es wohl auch erlauben würde, den Herrn Snowden
mittels einer Drohne, einer Autobome oder einem Poloniumcocktail aus
dem Leben zu befördern.
Herr
Sawers und Herr Lobban das ist ja genau die Sache die alle so
aufregt: Dieses System der Überwachung hat sich eine rechtlich
gedeckte Möglichkeit geschaffen Verfassungs- und Menschenrechte
auszuhebeln. Das ist das Thema. Wo ist die Statistik über die Menge
der Menschen die sie vollkommen fälschlich irgendwelcher
Gefährdungen bezichtigt haben? Wieviele „falsche“ Treffer haben
sie in Relation zu echten Treffern? Was ist mit dem Leben der
„falschen“ Treffer passiert? Wie können sie diesen Menschen
erzählen, dass sie das auch noch mit Recht getan haben. Wieviele
Leben darf man runieren um irgendeine potentielle Gefahr abzuwehren?
Indem ihre Organisationen und Schwesterorganisationen in den
persönlichen Daten der Menschen herumsieben, greifen sie in das
Leben dieser Menschen ein. Und das auf vielerlei verschiedene Arten.
Psychologisch, soziologisch, wirtschaftlich, gruppendynamisch und
manchmal wohl auch physisch. Die großen Schleppnetze unserer
technologischen Fischtrawler fischen riesige Bereiche des Meeres ab.
Gleichzeitig ruinieren sie auch undifferenziert auf die Dauer ganze
Ökosysteme. Alles richtig und rechtens – alles hin.
DI
Mathias Gruböck Seminyak, 08.11.2013
Unternehmens-
und Organisationsberater
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