08 November 2013

Alles was wir tun ist gesetzeskonform!


Es ist sicherlich so, dass englische Beamte, genau so wie alle anderen Beamten weltweit es schaffen ihre Handlungen durch Gesetze und Regeln zu unterlegen. Auf der anderen Seite ist auch ganz sicher, dass alles was technisch möglich ist gemacht wird. Die Freunde vom NSA und vom GCHQ haben sich natürlich all diese monströsen Anlagen und Megasysteme hingepflanzt um damit ein, zwei suspekte Personen zu überwachen. Nein sicherlich nicht. Es geht eher darum, die Weichheiten und Ungenauigkeiten im Gesetz kreativ so zu nutzen, dass alles gesetzlich gedeckt ist. Für die vielfältigen neuen Technologien und Methoden gibt es noch keine passenden Gesetzespassagen wie mit ihnen umgegangen werden muss oder kann. Zudem kommen mannigfaltige Verschränkungen zwischen privatwirtschaftlichen und offiziellen Strukturen die jeweils anderen Gesetzeslagen unterliegen. Ist es gesetzeskonform, wenn eine Privatfirma Daten analysiert, zu denen sie zuvor von einem offiziellen Auftraggeber Zugang bekommen hat um dann die Ergebnisse und Auswertungsdaten wieder an eine andere offizielle Instanz, möglicher weise sogar in einem anderen Rechtssystem, weiterzuliefern? Wurde da schon irgendwas ausjudiziert? Nein sicher nicht. Als Rechtsgrundlage reicht den Herrn offenbar der Auftrag eines Ministers, da Minister ja durch Volkswahl keine gesetzeswidrigen Aufträge erteilen können. Bis hierher ist es noch ein breites Feld über das ein politischer Diskurs geführt werden muss, ob alles was irgendwie „geht“ auch gemacht werden soll und darf.

Jetzt kommt aber noch der Untergriff. Überwachung (also die angeblich nicht fächendeckende) verhindert Terroranschläge. Seit der Überwachung habe es keine Terroranschläge mehr gegeben. Aha – das ist aber die absolute argumentative Trickkiste. Eine Verknüpfung von Überwachung und Tatbegehungen ist schwer fragwürdig. Noch fragwürdiger ist, dass der Herr Snowden den Terroristen hilft? Wenn einem Terroristen bisher nicht klar war, dass er möglichst Handy und Mail bei der Abstimmung seiner Anschlagspläne vermeiden sollte und tunlichst nicht im Facebook zum nächsten „Bombenbastelmeeting“ einladen sollte, dann müsste man ihn eher in die Kategorie Lachnummer anstatt Schrecknummer einordnen. Wenn wirklich ein Terroranschlag beim herumfiltern im Internet auffliegt, dann war der so stümperlich, dass er keiner weiteren Beachtung wert ist. Jedem Leser von Spionageromanen wird eine Vielzahl von Möglichkeiten der Überwachung und des kreativen Umgangs damit dargelegt. Was die nicht leugenbare Nachweisführung durch Edward Snowden, dass eine Menge Dinge unter dem Mäntelchen der Terrorbekämpfung gemacht werden, die so gar nichts mit dem Aufdecken irgendwelcher Komplotte zu tun haben, den Terroristen jetzt genau hilft, ist nicht ganz verständlich. Ganz schwaches Argument oder der Ansatz zum Zurückschlagen – Terrorismushelfer = so gut wie ein Terrorist - und schon ist man vogelfrei. Wieder so ein schöne „gesetzlich gedeckte“ Konstruktion, die es wohl auch erlauben würde, den Herrn Snowden mittels einer Drohne, einer Autobome oder einem Poloniumcocktail aus dem Leben zu befördern.

Herr Sawers und Herr Lobban das ist ja genau die Sache die alle so aufregt: Dieses System der Überwachung hat sich eine rechtlich gedeckte Möglichkeit geschaffen Verfassungs- und Menschenrechte auszuhebeln. Das ist das Thema. Wo ist die Statistik über die Menge der Menschen die sie vollkommen fälschlich irgendwelcher Gefährdungen bezichtigt haben? Wieviele „falsche“ Treffer haben sie in Relation zu echten Treffern? Was ist mit dem Leben der „falschen“ Treffer passiert? Wie können sie diesen Menschen erzählen, dass sie das auch noch mit Recht getan haben. Wieviele Leben darf man runieren um irgendeine potentielle Gefahr abzuwehren? Indem ihre Organisationen und Schwesterorganisationen in den persönlichen Daten der Menschen herumsieben, greifen sie in das Leben dieser Menschen ein. Und das auf vielerlei verschiedene Arten. Psychologisch, soziologisch, wirtschaftlich, gruppendynamisch und manchmal wohl auch physisch. Die großen Schleppnetze unserer technologischen Fischtrawler fischen riesige Bereiche des Meeres ab. Gleichzeitig ruinieren sie auch undifferenziert auf die Dauer ganze Ökosysteme. Alles richtig und rechtens – alles hin.


DI Mathias Gruböck Seminyak, 08.11.2013
Unternehmens- und Organisationsberater

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