25 Januar 2020

VfGH und Neutralität mit Mitgliedschaft in PESCO

Hohes Verfassungsgericht,

inwieweit ist die rechtliche Wertung des ehemaligen Außenministers Kurz, dass der Beitritt zu dem militärischen Bündnis PESCO am 11.12.2017 zu keiner Verletzung der Bestimmungen des Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs darstellt, verfassungskonform? 

Basiert die angebliche Verfassungskonformität des Beitrittes zu einem militärischen Bündnis auf einem Entscheid des Verfassungsgerichtes oder ist das eine politische Definition am VGH vorbei? Zunehmend werden Äußerungen von Amtsträgern des Staates Österreich publiziert, in denen diese feststellen, dass das Neutralitätsgesetz nicht mehr gültig ist. (vergl. https://kurier.at/politik/ausland/giftaffaere-karas-kritisiert-fehlende-solidaritaet-oesterreichs
 /400013266) und Österreich sich an einseitigen Maßnahmen gegen Signatarstaaten des Staatsvertrages beteiligen soll. Dieser Umstand führt zunehmend zu einer massiven Rechtsunsicherheit in der Bevölkerung, da noch immer Fahneneide beim Bundesheer auf die gültige Verfassung (also inklusive der immerwährenden Neutralität) geleistet werden.

Weiters stellt sich durchaus die Frage nach der rechtlichen Bewertung eines militärischen Bündnisses zusammen mit der Bundesrepublik Deutschland in dem deutsche Truppenkörper auf österreichischen Militärstützpunkten laufend Manöverübungen abhalten und durchaus auch deutsche Truppenbewegungen auf österreichischen Straßen bemerkbar sind. Zusätzlich wirft die deutsche Militärdoktrin "Weißbuch zur Sicherheitspolitik 2016" bereits Russland zunehmende kriegerische Handlungen im hybriden Bereich vor und leitet daraus militärische Maßnahmen gegen Russland ab (vergl. https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975292/736102/64781348c12e4a80948ab1bdf25cf057/weissbuch-zur-sicherheitspolitik-2016-download-bmvg-data.pdf?download=1). Wie kann ein Staat sich gleichzeitig zu gemeinsamen militärischen Interessen und Aktivitäten verpflichten und dabei militärisch neutral bleiben? 

Zusätzlich bildet sich in der Bevölkerung zunehmend eine Rechtsunsicherheit heraus, da das österreichische Bundesheer offenbar selbst keinen gesetzeskonformen Auftrag bei Kampfeinsätzen unter der Führung der USA und/oder der NATO in Afghanistan angeben kann. (vergl. http://www.bundesheer.at/ausle/zahlen.shtml - Afghanistan) und in Mali militärische Einheiten im Rahmen der Wirtschaftsgemeinschaft EU (?) stationiert hat um offenbar den Zugriff auf Ressourcen in ehemaligen Kolonialgebieten anderer Teilnehmer des PESCO-Militärbündnisses sicherzustellen. Auf Reisen durch diese Länder wird Österreich jedenfalls nicht mehr als neutral wahrgenommen, was die Sicherheitslage österreichischer Staatsbürger grundsätzlich verschlechtert. 

Weiters sind zur verstärkten Teilnahme an Kampfeinsätzen Verpflichtungen zu laufend steigenden Rüstungsinvestitionen eingangen worden, mit denen Berufsarmeeteile im österreichischen Bundesheer aufgerüstet werden. Dies wiederspricht massiv dem Ergebnis der Volksbefragung 2013 zur Wehrpflicht und damit dem Milizsystem als tragender militärischen Komponente der österreichichen Verteidigungsanstrenungen. Massive Budgeteforderungen des Heeresbudgets werden aus den neu eingegangenen militärischen Verpflichtungen abgeleitet. 

Aus den weitreichenden Konsequenzen die die lockere Interpretation des Neutralitätsgesetzes durch die Regierung und die von dieser eingegangenen Verpflichtungen haben, kann man durchaus eine selbstständige Klärung dieser verfassungsrechtlichen Fragen durch den Verfassungsgerichtshof argumentieren. Falls die Praxis der Aufweichung von Verfassungsbestimmungen bis zum Einschluß des genauen Gegenteils weiterhin vom Verfassungsgerichtshof zugelassen wird, muss man sich über einen Verfall der Rechtssicherheit durch zunehmender Anwendung des "Gutsherrnprinzipes" von parlamentarisch nicht legetimierten Entscheidungsmächten (vergl. EU-Trilog-Hinterzimmermachtpolitik) wundern.

Mit freundlichen Grüßen

DI Mathias Gruböck
2500 Baden

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