Ich bin zur Zeit mit einem
VW-Passat Bj. 2000 unterwegs. Natürlich Diesel. 1,9 TDI. Hat auch
schon so seine 180000 km abgespult. Ich bin jetzt mit dem alten
Büffel 1000 km mit einem Tank gefahren. Also im Mischbetrieb mit
hohen Überlandanteil. 1000 km und die Tankanzeige hat noch nicht
geleuchtet. Meines Wissens nach sind das 50 Liter auf 1000 km –
kann man ja als Art PISA-Studienumfrage nachfragen wieviele den
Verbrauch auf 100 km noch ohne App berechnen können. Ganz gute
Leistung für den alten Kübel. Im echten Real-Betrieb und ohne
bemerkbaren Ölverbrauch, selten Klimaanlage, etwas Stadt, beladen (2
Personen und Gepäck) und einiges an Bergstraßen.
Das führt mich zu der
Überlegung, wie der VW-Konzern seine Aufgabenstellung mit der
Abgasmessung von einem Problem zu einem Erfolg ummünzen könnte. So
auf die Art eine Vorwärtsstrategie – und hier gegenüber dem
einzigen, der für ein Unternehmen wirklich zählt: dem Kunden.
Rückholung, Herum-Down-oder-Up-graden das alles sind defensive
Strategien, die den Kunden nicht glücklich machen. Er wird sozusagen
miteinbezogen in das Nachsitzenprogramm – das erweckt sehr negative
Gefühle aus der Schulzeit – die Prüfung, den Leistungsnachweis
nicht erbracht zu haben. Vielleicht sollte man jetzt das Geld nehmen,
dass diese Aktion kosten soll und eine positive Kampagne damit
fahren. So auf die Art:
Jeder VW-Kunde der VW
nachweist, dass er mit seinem Diesel im Realbetrieb eine zu
definierendes Liter-auf-hundert-Kilometer-Verhältnis erzielt hat,
bekommt ein Zertifikat (irgendwie über eine Web-Schnittstelle) den
Tank und 1000 Euro als Prämie (so 1000 Euro für 1000 km, aber man
könnte da natürlich ein ganzes Bonusprogramm basteln - „im Wert
von“). Damit könnte VW dann die Erfüllung der Abgasvorschriften
im Realbetrieb bei der gesamten Fahrzeugflotte nachweisen, die Kunden
werden von Betroffenen zu Beteiligten, die sich darum bemühen die
Leistungsgrenzen des Diesels zu erreichen und fühlen sich danach in
ihrer Kaufentscheidung bestätigt (und im Wiederverkaufswert auch)
Ein Flottenverbrauchstest. Der Brennwert und die damit verbundenen
Abgase eines durchschnittlich verbrannten Liters Diesel werden sich
ja wohl herleiten lassen.
VW Diesel werden in einem
derartigen Feldversuch sicher nicht so schlecht abschneiden, wie es
derzeit den medialen Anschein hat. Die Aufregung der Behörden und
konkurrenzgesteuerten Pressuregroups wird sich dadurch auch nur als
hysterische Sturm im Wasserglas entpuppen. Behördliche Probleme mit
Typisierung sollten dann auch kein Problem sein, wenn man nachweisen
kann, dass der „Betrug“ (gutgemeint könnte man auch optimiertes
Testverhalten nennen) gar kein so systematischer und weltbedrohlicher
war. Und, man sollte endlich aufhören, Mitarbeiter zu erpressen
etwas zuzugeben, was in Wirklichkeit keiner gemacht hat. Tests und
Untersuchungen die NICHTS mit der Realität zu tun haben, laden auch
zum Tricksen ein.
Von der Finanzierung her würde
es sich vielleicht auch besser argumentieren lassen, dass man viel
Geld für eine Marketing- und Kundenbindungsanstrengung buttert (oder
in die Maximierung des Flottenwertes) anstatt einen Haufen Geld für
das flicken der Markenschädigung (im mikroökonomischen Umfeld:
Rufschädigung) auszugeben. Man sollte doch eher versuchen seine
Kunden glücklich zu machen und man könnte dieses Roßtäuscherimage
wieder los werden.
Wie gesagt: Echte 5 Liter auf
echten 100 Kilometern. Das kann keiner wegdiskutieren, da ich mich
nicht selbst beschummeln werde. Und wenn ich es tun würde, dann wäre
das mein Problem. Es wäre natürlich eine mutige Entscheidung des
Managements von VW nötig. Aber nur dem Mutigen gehört die
Weltspitze in der Autowelt.
DI Mathias
Gruböck Tarifa, 27.10.2015
Unternehmens- und
Organisationsberater
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