27 Oktober 2015

VW - Schwächen zu Stärken machen

Ich bin zur Zeit mit einem VW-Passat Bj. 2000 unterwegs. Natürlich Diesel. 1,9 TDI. Hat auch schon so seine 180000 km abgespult. Ich bin jetzt mit dem alten Büffel 1000 km mit einem Tank gefahren. Also im Mischbetrieb mit hohen Überlandanteil. 1000 km und die Tankanzeige hat noch nicht geleuchtet. Meines Wissens nach sind das 50 Liter auf 1000 km – kann man ja als Art PISA-Studienumfrage nachfragen wieviele den Verbrauch auf 100 km noch ohne App berechnen können. Ganz gute Leistung für den alten Kübel. Im echten Real-Betrieb und ohne bemerkbaren Ölverbrauch, selten Klimaanlage, etwas Stadt, beladen (2 Personen und Gepäck) und einiges an Bergstraßen.



Das führt mich zu der Überlegung, wie der VW-Konzern seine Aufgabenstellung mit der Abgasmessung von einem Problem zu einem Erfolg ummünzen könnte. So auf die Art eine Vorwärtsstrategie – und hier gegenüber dem einzigen, der für ein Unternehmen wirklich zählt: dem Kunden. Rückholung, Herum-Down-oder-Up-graden das alles sind defensive Strategien, die den Kunden nicht glücklich machen. Er wird sozusagen miteinbezogen in das Nachsitzenprogramm – das erweckt sehr negative Gefühle aus der Schulzeit – die Prüfung, den Leistungsnachweis nicht erbracht zu haben. Vielleicht sollte man jetzt das Geld nehmen, dass diese Aktion kosten soll und eine positive Kampagne damit fahren. So auf die Art:

Jeder VW-Kunde der VW nachweist, dass er mit seinem Diesel im Realbetrieb eine zu definierendes Liter-auf-hundert-Kilometer-Verhältnis erzielt hat, bekommt ein Zertifikat (irgendwie über eine Web-Schnittstelle) den Tank und 1000 Euro als Prämie (so 1000 Euro für 1000 km, aber man könnte da natürlich ein ganzes Bonusprogramm basteln - „im Wert von“). Damit könnte VW dann die Erfüllung der Abgasvorschriften im Realbetrieb bei der gesamten Fahrzeugflotte nachweisen, die Kunden werden von Betroffenen zu Beteiligten, die sich darum bemühen die Leistungsgrenzen des Diesels zu erreichen und fühlen sich danach in ihrer Kaufentscheidung bestätigt (und im Wiederverkaufswert auch) Ein Flottenverbrauchstest. Der Brennwert und die damit verbundenen Abgase eines durchschnittlich verbrannten Liters Diesel werden sich ja wohl herleiten lassen.

VW Diesel werden in einem derartigen Feldversuch sicher nicht so schlecht abschneiden, wie es derzeit den medialen Anschein hat. Die Aufregung der Behörden und konkurrenzgesteuerten Pressuregroups wird sich dadurch auch nur als hysterische Sturm im Wasserglas entpuppen. Behördliche Probleme mit Typisierung sollten dann auch kein Problem sein, wenn man nachweisen kann, dass der „Betrug“ (gutgemeint könnte man auch optimiertes Testverhalten nennen) gar kein so systematischer und weltbedrohlicher war. Und, man sollte endlich aufhören, Mitarbeiter zu erpressen etwas zuzugeben, was in Wirklichkeit keiner gemacht hat. Tests und Untersuchungen die NICHTS mit der Realität zu tun haben, laden auch zum Tricksen ein.

Von der Finanzierung her würde es sich vielleicht auch besser argumentieren lassen, dass man viel Geld für eine Marketing- und Kundenbindungsanstrengung buttert (oder in die Maximierung des Flottenwertes) anstatt einen Haufen Geld für das flicken der Markenschädigung (im mikroökonomischen Umfeld: Rufschädigung) auszugeben. Man sollte doch eher versuchen seine Kunden glücklich zu machen und man könnte dieses Roßtäuscherimage wieder los werden.

Wie gesagt: Echte 5 Liter auf echten 100 Kilometern. Das kann keiner wegdiskutieren, da ich mich nicht selbst beschummeln werde. Und wenn ich es tun würde, dann wäre das mein Problem. Es wäre natürlich eine mutige Entscheidung des Managements von VW nötig. Aber nur dem Mutigen gehört die Weltspitze in der Autowelt.

DI Mathias Gruböck Tarifa, 27.10.2015
Unternehmens- und Organisationsberater

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