27 Oktober 2015

Position zu TTIP der WKÖ

Sehr geehrter Herr Präsident Leitl,

als zahlendes Mitglied der Wirtschaftskammer ist mir der Standpunkt dieser Interessenvertretung bezüglich der diversen „Freihandels-Abkommen“ TPP, TTIP und TISA nicht sehr geläufig. Im Zuge der Veröffentlichung der CEN/CENELEC (http://fm4.orf.at/stories/1762329/) stellt sich mir jedoch die Frage ob die Wirtschaftskammer genügend Widerstand gegen die Aushöhlung der Art wie in Europa Wirtschaft getrieben wird leistet. Es zeigt sich immer mehr, dass diese Abkommen offenbar nichts anderes sind als die strategischen Versuche der USA ihre wirtschaftliche Dominanz zu zementieren. Europa und seine Wirtschaft sind sicherlich nicht perfekt, jedoch wahrscheinlich Weltmarktführer in der Formung eines christlich-sozialen Wirtschaftsraumes mit dem Menschen als Mittelpunkt. Dies habe ich auch immer als Zielsetzung aller Bemühungen der österreichischen Wirtschaftskammer verstanden und nicht wie so manche den Menschen als zu minimierenden Aufwand zu betrachten.

Der Geist in den diversen sogenannten „Freihandels-Abkommen“ deutet mir jedoch immer mehr darauf hin, dass hier den strategischen Konzeptionen von Wirtschaftskonglomeraten der Vorzug gegeben werden soll. Profitmaximierung durch Verwässerung von Standards und Gesetzen stellt für mich den einfachen Versuch der Ausbeutung von Menschen und Gemeinschaften dar. Europäische Wirtschaftsstandards aufzugeben um einen vorgeblich einfacheren Marktzugang in den USA zu bekommen sehe ich nicht als einen besonderen Schritt in die richtige Richtung, speziell für KMU's an. Auch europäische Standards über den Umweg von TPP dann in den asiatischen Staaten abzuschießen kann nicht die Strategie einer österreichischen Wirtschaftskammer sein. Europäische Qualität ist speziell in Südostasien und China nach wie vor ein Verkaufsargument. Nachhaltigkeitskonzepte, im Gegensatz zur Verankerung von Profitmaximierung, sind in Asien wahrscheinlich auch zukunftsträchtiger als alle hegemonistischen Wirtschaftsansätze. Auch die sicherlich dringend notwendigen grundlegenden Reformen in Europa und speziell in Kakanien werden durch Vertragswerke zur geostrategischen Aufstellung eines Drittstaates nicht beschleunigt oder erleichtert, da Reformen aus einer Position der Schwäche heraus meist in Revolutionen enden.

Wie ist die Position der WK zum TTIP aktuell? Stellt für Sie dieser wirtschaftspolitische Versuch der USA Europa in sein Normen- und Rechtsregime einzugemeinden das Ende der Sozialpartnerschaft dar? Der US-Botschafter in Brüssel nannte TTIP die Wirtschafts-NATO. Ist die WK für den Beitritt zur Wirtschafts-NATO? Wieviel wird die österreichische Wirtschaft durch den Investitionsschutz gegenüber der US-Regierung gewinnen? Wieviel würde die österreichische IT-Wirtschaft durch eine US-Investitionsschutz-Klage gegen das EUGH-Urteil bezüglich der Ungültigkeit des Safe-Harbour-Abkommens gewinnen?

Vielen Dank im Voraus für die Beantwortung diese Fragen zum TTIP-Thema und der dazugehörigen Positionierung der WK.

Hochachtungsvoll

DI Mathias Gruböck                                                            Tarifa, 25.10.2015
Unternehmens- und Organisationsberater

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