28 Oktober 2015

Freie Fahrt für freie Bürger!

Also jetzt kommt sie die Mautstrecke auf den europäischen Datenhighways. Das ganze schaut etwas nach der Konterrevolution der Verbindungsnetzwerker aus. Die Wolke ist zu egalitär und zu international. Seit Jahren wird versucht die revolutionäre Macht des ungezähmten Daten- und Informationsflusses zu kanalisieren. Kanäle führen wieder zu vorherbestimmbareren und kontrollierbareren Wegen der Information. Dadurch wird das Internet, die Wolke wieder national greifbarer (z.B.: durch Urheberrechtsgesetze mit spezifischen Länderrechten) und durch staatliche Kontrolle regelbarer. Allein die anfängliche supranationale Konzeption (oder eben ortsunabhängigen oder Node-unabhängigen Informationsaustausches) des IP-Verkehrs hebelte jeden nationalstaatlich-lokalen Regulationsanspruch weitestgehend aus. Speziell wenn dieser, wie im Falle des Internetüberwachung durch Geheimdienste auch noch in manchen Ländern gesetzeskonform und rechtsstaatlich geschehen sollte.

Ein weiteres Indiz für das absolute Unverständnis das Internets durch die gewählten Repräsentanten und Politiker stellt die Roaming-Thematik in Europa dar. In der Mobiltechnologie waren die Europäer bis in die frühen 2000er Jahre führend, da sie, im Gegensatz zu den Amerikanern sehr schnell auf nationale Roamingkonzepte verzichteten. Roamingkonzepte stellen immer wieder ein klar nachweisbares Hindernis für Technologieausbreitungen dar, da sie die Technologienutzung für kurzfristige Geschäftserfolge bremsen. (Vergl. Bankomatengebühren bei Fremdbanken) Der ewige Konflikt zwischen Infrastrukturbereitstellung und Serviceprovider. Ein gemeinsamer Informationsraum Europa wird jedenfalls nicht durch die Ermöglichung von Wegzöllen an jeder Ecke einfacher. Die Torpedierung der Netzneutralität soll die Infrastruktur stützen und Wertschöpfung von den, meist US, Serviceprovidern abziehen. Eine Vorgehensweise, die das Scheitern in Bezug auf Serviceangebote eigentlich nur zementiert und festschreibt. Die Europäer trauen es sich nicht zu einen eigenen kompetitiven Markt für IT-Services zu lancieren. Das beginnt bei der Etablierung von Cloud-Services und zieht sich weiter bis hin zu Social Media Anwendungen.

Diese Unfähigkeit der Europäer ist natürlich nicht ganz unerwünscht durch die amerikanische Seite. Ein vielschichtiges System von Abhängigkeiten soll dafür sorgen, dass der eigentliche aktuelle Wirtschaftsmotor Amerikas, die IKT-Industrie ihre Weltmarktführung behält und ausbaut. Ein trauriges Beispiel hierfür stellt der Absturz Nokia's dar. Auch eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland ist wahrscheinlich auf die geltende Gesetzes- und Vereinbarungslage mit Amerika zurückzuführen und der Versuch diese Informationshegemonie in rechtsstaatliche Regelungen überzuführen. Der vorgeblichen Zielsetzung dient sie jedenfalls nachgewiesener Maßen nicht. Jedenfalls hat es mittlerweile den Anschein als ob die Hauptexpertise der Europäer darin liegt sich gegenseitig im Auftrag der USA zu überwachen und auszuspionieren. (GCHQ, BND, HNA u.v.a.m) Ein Max Schrems kann auch nur die Selbstschwächung Europas verlangsamen oder kurzfristig stören, Mut zur eigenen Stärke müssten schon zentrale Brüsseler Kräfte zeigen – ob das der „lame duck“-Oettinger auf die Schiene bringt ist zu bezweifeln. Der Baroso 2 – Vize ist wohl eher transatlantisch gepolt als ein kämpferischer Europäer. Mutige digitale Konzepte und Entwürfe sind jedenfalls noch nicht zu sehen.

DI Mathias Gruböck                                                            Tarifa, 28.10.2015
Unternehmens- und Organisationsberater

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