Was will der Westen? Der Herr Erdogan ist ein Machtpolitiker, der um sein Überleben kämpft. Solange er den Eroberungsstrategien der NATO in Syrien dienlich ist, hört man kein böses Wort über ihn. Wenn er von seinen eigenen Verbündeten unter Druck gesetzt wird (man könnte auch sagen, dass ihm das Messer angesetzt wurde) kann man natürlich genüßlich jede seiner Abwehrreaktionen mit allem vergleichen was einem einfällt. Mit dem Iran darf er keine Geschäfte machen, mit den Armeniern hat er keine gute Vergangenheitsbewältigung, mit den Kurden kann er nicht ohne dass sich die Türkei weitgehend aufzulösen droht. Mit den Syrern kann er nicht aus beiden zuvor genannten Gründen. Mit den Israelis hat er sich angelegt - die merken sich das. Die Saudis und Konsorten dehnen immer weiter ihre Hegemonie in dem Raum aus. Und Europa schlägt ihm seit Jahren nett die Türe zu. Dann wollten ihn die Amis noch beseitigen, da sie geschichtlich einfach besser mit Militärjuntas können. Und jetzt kommt noch BK Kern und die Grünen, die sich auch die deutsche Achse Erbil-Berlin schmeissen. Was in aller Welt treibt österreichische Politiker dazu sich ungefragt in diesen äußerst instabilen Raum politisch einzubringen? Österreich hat viele Türken und auch hinreichend Kurden im Lande - was ist das Interesse Österreichs sich an einem Staatenbildungsprozess in diesem Raum zu beteiligen? Was ist unser Beitrag? Ungefragt Wertungen und Feindbilder aufzubauen? Ganz abgesehen davon, dass immer die Grundannahme vorliegt, dass alles was der Westen in diesem Gebiet durch Destabilisierungen verändert besser sei als die gegebenen Zustände. In fast jedem Szenario verändert sich dort nur etwas durch Krieg. Das wollen also die österreichischen Politiker? Damit dann kurdische Klans in Erbil und Umgebung herrschen? Oder damit dann große Teile Syriens durch Söldner-Milizen-Strukturen beherrscht werden? Die Destabilisierung von schwachen Demokratien oder Abwandlungen davon heißt einfach nicht, dass man daraus Frieden und Vorzeigedemokratien bekommt - oder umgekehrt: Das gelungenste Beispiel des Pool-Billiard-Spiels der westlichen Kolonialherren in diesem Raum ist noch Ägypten. Da gibt es auch die Todesstrafe und eine Militärdiktatur - damit ist der Westen am Zufriedensten. Jedenfalls fördert er das ägyptische Militär wieder mit Milliarden an Waffenlieferungen. Wieviele der tausenden Todesurteile an der, durch Putsch gestürzten Regierung, wurden eigentlich schon durchgeführt? Aber der Herr Erdogan soll sich nicht so aufführen, beinahe hätte ihn das Schicksal von Herrn Mursi gedroht. 40.000 Menschen sind dort verschwunden oder wurden willkürlich inhaftiert - die Aufregung des Westens und auch seiner stromlinienkonformen NGO`s (z.B. Amnysty, UNO) hält sich ziemlich in Grenzen. Überhaupt übernehmen die NGO's die politischen Werturteile über "richtig und flasch" zunehmend von den Leitregierung(en) (da die Personalrochaden zwischen beiden kaum zu durchblicken sind). Widerspruch wäre geschäftsschädigend - auch bei Non-Profit.
DI Mathias Gruböck Baden, 05.11.2016
Unternehmens-und Organisationsberater
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