27 November 2016

Wahlverfehlung


Was ist eigentlich das Ziel von Demokratie? Woran gemessen ist sie die beste Art Macht auszuüben? Es ist wahrscheinlich deswegen, weil es bis dato (also vor der Etablierung von interaktiven Medien) die einzige Möglichkeit war, demjenigen oder denjenigen die glauben befähigt zu sein alle anderen zu regieren und zu steuern ein Feedback zu geben oder gar von der Macht zu verjagen.

Die Kriterien unter denen das geschieht werden von vielen der selbsternannten Machteliten dabei vollkommen falsch angenommen. Ihnen geht es immer ums Geld, um Budget um mehr Mitarbeiter in ihrem Verfügungsbereich. Mehr Geld ist mehr Macht. Was sie dabei übersehen ist, dass Geld allein nicht glücklich macht. Und letztendlich ist es das Glück, das die Menschen suchen, vermissen, verteidigen oder wollen. Dazu gehören sicherlich auch die notwendigen Ressourcen, aber viel wichtiger ist dabei die grundlegende Emotion. Brot und Spiele – das wussten schon die alten Römer, in unserer Zeit immer als eine Art Karotte für die dümmlichen Esel zur Wahlzeit verstanden. Sozusagen als primitiver Abtausch zwischen 100 € Einmalzahlung und dem „richtigen“ Kreuzerl. Die Machtstrategen verstehen das wohl falsch. Essen macht glücklich – billigst, unter Einsatz von Chemiegiften erzeugter Fraß macht nur satt. Sportereignisse und Sporterfolge geben eine Möglichkeit zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls und machen manchmal sogar euphorisch- glücklich. Big-Business Übertragungsrechte-Wettgeschäfte Sportprostitution erzeugt Umsätze für die Zockerpartien aber nicht lange Spaß.

Da bei den laufend von „oben“ (den Machtkaraoketechnikern in Kombination mit rückgekoppelten Medien) beflegelten Normalos irgendwie langsam das Glückseligkeitsbarometer in den Keller sinkt und die Machtelitiker dazu nur erklären, dass die Normalos das nicht verstehen, weil es aus irgendwelchen Komplexitätsgründen eben so sein müsse, schwenken unsere Führungseliten auf Plan B. Die Nummer mit der Angst. Ist das Glück einmal weg, dann kann man den Sauhaufen nur noch über die „Schwarze-Mann-Nummer“ lenken. Gute alte Kinderpädagogik. Sag schön brav Binnen-I sonst kommt der schwarze Mann! Wähl brav uns, die wir uns in der Mitte der Mitte, derart drängen, dass sogar Houdini eine Klaustrophobie aufgerissen hätte – sonst kommt der schwarze Mann. Du musst schön sprechen so wie wir es umdefinieren (also entweder hauptsächlich Denglisch oder unterprivilegierte Frauen durch die VerInnenlichung der deutschen Sprache aus dem Genderkerker retten), weil sonst kommt der schwarze Mann oder wirst gar du zum schwarzen Mann! Du musst uns glauben, dass wir nieee lügen, sondern immer nur die anderen – also die schwarzen MännerInnen. Wir müssen ganz sorgsam unsere Stimme dem Haufen da am Trog ganz in der Mitte geben, sonst kommt die Klimaerwärmung und der schwarze Mann auch noch dazu. Die Welt wie wir sie kennen wird untergehen, wenn wir als Hofer-Anhänger nicht mehr den hinteren Teil eines Hofer-LKWs meinen und der schwarze Mann kommt dann auch gleich und holt alle bösen Buben (also auch Burschen und Männer) die ja zu zwei Drittel den blauen Mann wählen. Für alle Spätgeborenen, nach dem Anschluss an Werbedeutschland und die bald 30% Österreicher, deren Muttersprache nicht Deutsch ist: Bei „uns“ (!?) hat man früher Buben zum Jungen und Burschen zu Jungs gesagt, aber je mehr wir diese Deutschnationalen verabscheuen, desto mehr deutschnational sprechen wir. Sogar die deutschnationale Phrasierung ist schon bald Leitsprache. Da setzt sich eine Frauenministerin als Abgangsgeschenk eine Änderung der Hymne in den Kopf und alle müssen mittanzen. Und denen fällt gar nicht ein wie abgehoben sie sind. Die Hymne ist ein Gemeinschaftssymbol – Änderungen haben da immer Auswirkungen. Als nächstes passt vielleicht die Farbgebung der Flagge nicht mehr, da sie ja mystisch von einem blutgetränktem Tuch in einer Schlacht um Jerusalem her stammen soll – das können einige als Anspielung an Hygieneartikel verstehen – also ändern wir die Fahne indem sie immer nur an einem blauen Schnürl aufgehängt wird?

Ihr da „oben“ macht einfach die Leute nicht sonderlich glücklich – Wutbürger nennt ihr das dann – auch wieder ein bisschen mit dem Anstrich „was will der Depperte – schleich dich zruck in dein Wohnblock“. Ihr macht uns nicht glücklich – keinerlei Visionen, keine Perspektiven nicht einmal mittelmäßige Konzepte, vielleicht ein paar globale Interessen – nur weil ihr selbst keinen Plan habt. Wir verstehen das alles nicht, das ist alles so kompliziert. Aber ihr habt es verstanden – klar, weil man durch Positionierung an einem wählbaren Listenplatz plötzlich zum Blitzgneißer wird – und überhaupt gibt’s ja den Clubzwang, wo sozusagen geballte, nahezu überirdische monochrome Schwarmintelligenz sich austoben darf.

Kleineres Übel und schon wieder die nächste „Wenn-Dann-Sonst“-Wahl – ihr wollt einfach den Grüßkasperl für euch haben. Der soll zur Mitte gehören (wobei irgendwer hat einmal behauptet VdB sei echt links gewesen – man könnte ihm bald zur Not jetzt auch den Neoliberalen Banker abkaufen) um dann die Hofräte zu ernennt und Elitenverdienstselbstauszeichnungsorden am grünen Band laufend auszuhändigen.

Hat sich schon mal jemand da oben überlegt, dass vielleicht deswegen alles sooo kompliziert ist, weil ihr auf neue Herausforderungen immer mit der Fortschreibung von Konzepten von vorgestern antwortet? Strukturreformen – Verfassungsreformen – Pensionsreformen – Föderalismusreformen – Verwaltungsreformen – da geht seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten nicht einmal nichts weiter. Eines ist mittlerweile dem naivsten Wähler wohl klar geworden: das System hat sich noch nie von innen grundsätzlich geändert. Es hat sich noch nie jemand selbst der Überflüssigkeit bezichtigt. Es hat noch nie jemand erklärt, dass man es ohne dieses oder jenes komplexe Konstrukt, auch ohne ihn, viel billiger und einfacher schaffen könnte. In der Mitte finden sich grade alle ein, die allen permanent nachweisen, warum es ohne sie nicht geht. Dieses Schicksal erfahren immer nur die Globalisierungs- und Modernisierungsverlierer. Das Blöde ist, die haben keine Angst davor, dass es nun auch mal um eure Pfründe gehen könnte. Mehr mindere Arbeit für weniger Reallohn für mehr Profit ist ok für euch. Warum nicht weniger Versorgungsposten (a la Faymann) für weniger Cliquenmitglieder wegen weniger Wählerstimmen für euch einmal? Das dürfen sie aber nicht – das ist nicht fair – das ist populistisch, rechtsradikal (also radikal nicht in eurer Mitte). Buhhuhuuu – stell dir vor wir sagen Demokratie und die wählen wirklich einmal etwas anderes als uns? Derf denn des sein? Da muss es ein Gesetz dagegen geben. Widerstand, das Volk droht mit falschen Wahlergebnissen! Die denken gar nicht an uns, also an die Macht, also den Staat! Das ist schon eine Frechheit! Gib den Orschlöchern an Hunderter, damit's wieder parieren. Wenns falsch wählen, dann muss man halt wegen Wahlverfehlung (Auswahlsverschulden) klagen. Das geht dann schneller bei unseren Staatsanwälten als die Untersuchungen jetzt wegen Wahlmanipulationen. Keiner unserer Proporz-Staatsanwälte würde Selbstmord mit Anlauf machen, selbst wenn die Indizien vom Himmel schreien würden. Nach der Wahl kann man sich ja noch immer entscheiden, wann man die Ermittlungen einstellt. Wie sollte das überhaupt gehen? Eine echte Ermittlung gegen das Innenministerium mit einer Weisung des Justizministers? Für wie deppert halten die die Leute? Für sehr deppert! – wie im Fall Lucona – da hatten sie ja auch den Journalisten mit der Stapo bedroht und der Innenminister hat die Akten verschwinden lassen oder gleich gefälscht. War auch nur Schlamperei damals.

DI Mathias Gruböck                                                                                            Baden, 27.11.2016
Unternehmens- und Organisationsberater

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen