13 November 2016

Selbstgewählte Realitäten


Also den Supermoralapposteln und Wertehochhaltern ist aber schon klar, dass der Herr Erdogan nichts anderes macht als der Westen selbst. All das hängt im Prinzip nur von der selbstgewählten Definition von Terror und Terrororganisationen ab. In Österreich werden 14 jährige, die im Facebook von den NSA beim lustigen IS-Botschaften-posten herausgefiltert werden, von der Polizei verhaftet und inhaftiert. Alles nur wegen des (kaum belegbaren) Vorwurfes der Mitgliedschaft oder Unterstützung einer terroristischen Organisation. Jetzt ist aber die Frage - woher wissen österreichische Richter (oder auch nur Außenminister) welche Organisation eine terroristische und welche moderate Terroristen/Rebellen sind? Gibt es ein einziges Gerichtsurteil eines unabhängigen österreichischen Gerichtes, das die jeweilige Organisation oder Gruppe als terroristisch oder eben als moderat (wie immer eine Kriegspartei moderat Krieg führen kann) einstuft? Diese nicht existierenden Verfahren würden auch ganz sicher ohne die Einspielung von "Beweismaterial" internationaler Dienste, die in JEDER der fraglichen Gebiete militärisch verdeckt und offen operieren (und damit laut Völkerrecht Kriegsverbrechen begehen), auskommen (!?). Wäre rechtsstaatlich einmal sicherlich interessant die "Beweismittel" dieser Dienste, die hier massiv Cyberwar-Methoden einsetzen und eingesetzt haben, zu bewerten. 
Wenn nun der Herr Erdogan genau das Gleiche mit den Kurden (und hier speziell mit der PKK, YPG usw.) macht, also diese Organisationen als Terrororganisationen einstuft, dann verstößt er auf einmal gegen die EU-Prinzipien. Herr AM Kurz: mehrere ihrer Kollegen im Außenministerrat der EU bombardieren ein unabhängiges Land und haben davor auch schon unabhängige Länder bombardiert. (Serbien, Afghanistan, Libyen, Irak, Syrien) - Dabei sind zigtausende Menschen gestorben und Millionen haben ihre Existenz verloren. 
So gesehen passt der Herr Erdogan doch sehr gut in die EU? Nur weil die EU (also vor allem die Deutschen und im Schlepptau die Österreicher die Kurden unterstützen? Der Herr Erdogan macht genau den gleichen Trick wie der NATO-Westen in Syrien: er sagt, dass er nur die PKK bekämpft (Terroristen, weil man im Westen halt Kommunisten nicht mag) meint aber ALLE Kurden, die von einem eigenen Staat träumen. Der Westen beliefert die "moderaten" Rebellen (auch Kurden) mit Waffen, damit er dann diese, wenn sie sich plötzllich als nicht ganz so moderat herausgestellt haben mit Bomben ein bisschen plattmachen kann, um in Wirklichkeit eine neue Regierung in Syrien einzusetzen, weil ihm die alte nicht passt. Herr Erdogan bleibt dabei simpler - er rechtfertigt seine Gewalt gegen eine politisch instabile Region mit tatsächlichen Seperatisten und deren Freunden und Verbündeten (tw. eben EUSA). Die EUSNATO hat das Problem eine amtierenden, vom Volk gewählten (wie immer fair das auch war) Präsidenten kann man marketingtechnisch nicht so einfach als Terroristen definieren (da kommt eher das Sadam-Gadhaffi-Mursi-Propagandapaket zu Einsatz). Daher liefert die EUSNATO Waffen an islamistische Gruppen (die alle Andersgläubigen (Christen, Juden, Alawiten, Drusen, Jesiden ... so gerne vernichten würden) um dann, logischer Weise in der Folge, den Terror in Syrien bekämpfen zu können und den Herrn Assad gleich mitzukassieren. 


Feinheiten der österreichischen Position in Bezug auf die Türkei gibt es auch noch: Wenn jetzt DIE TÜRKEI nicht in die EU gehört, wie steht es dann mit den Türken auf Zypern? Vielleicht gehört ja Zypern nicht zu Europa, weil es zu weit im Süden und zu weit im Osten liegt. Die unangenehme geographische Wahrheit ist, dass mehr als die Hälfte der Türkei europäischer als Zypern ist. Das ist historisch genau der Teil der von den Pontusgriechen besiedelt wurde. Die Wiege der europäischen Kultur haben die Vorfahren der heute dort lebenden Menschen geschaukelt. Aber wir müssen ja unsere Werte verteidigen - seit den Kreuzzügen IMMER durch Angriff. 
Was hat der Herr Kurz eigentlich mit den Klanführern in Erbil exakt zum Zeitpunkt des Putschversuches besprochen? Wurde hier zusammen mit dem deutschen Kanzleramt (das so gerne, geleitet von den USA, die Zeit nach einem Regimechange plant (vergl. Syrien Projekt "Day After" aus dem Jahre 2010ff (https://syrieninfo.blogspot.com/2012/09/bundesregierung-beantwortet.html)) die Umsetzung dieser und anderer Sturzversuche legitimer Regierungen betrieben? Inwieweit ist die österreichische Außenpolitik hier in die Destabilisierungsversuche und Putschplanungen involviert? Was ist dabei der österreichische Beitrag? Gibt es einen Beschluss des österreichischen Parlamentes, der sich für die Errichtung eines eigenen Kurdenstaates unter Abspaltungen türkischer, iranischer und syrischer Gebiete, durch Einsatz von Gewalt, ausspricht? Ist das österreichische Außenministerium in Planungen zur Beseitigung der syrischen und türkischen Regierung beteiligt und die jeweilige Abspaltung der Kurdengebiete zu erreichen. Unterstützt das HNA den BND im Gebiet der autonomen Kurdenregionen in der Aufklärung und Informationsbeschaffung für kurdische Rebellenorganisationen? Wie kann man das mit einer vorgegebenen Neutralität und der Einhaltung des Völkerrechtes in Übereinstimmung bringen? Wie schaut es aus mit den europäischen Werten Herr Kurz? Seit wann ist Österreich Teil eines retro-post-kolonialen Regimes im Nahen Osten? Bekommt die ÖMV dafür wenigsten auch etwas vom Gas und Öl-Kuchen, oder spielen wir nur die vorpreschenden Gutmenschen-Nebelwerfer damit die Raiffeisen dann ihr, die USA so störendes, Ost-Geschäft nicht vollkommen an US-Fonds und Investmentfirmen verkaufen muss. Sozusagen wertvolle Gegengeschäfte? Klar ist das alles zu kompliziert für einen normalen Bürger - da kennen sich nur die Thinktanks und Geostrategen (und die Beamten im Außenministerium) aus, weil das ja alles nur gut für die Bürger ist. Schon ihren Rapport an die Atlantik-Brücke abgegeben. Alles im Projektzeitplan? Schon das Post-Job-Angebot von Goldman und Sachs bekommen, schnell schnell - 2018 wird die Wahlbevölkerung vielleicht erkennen, dass sie von den gleichen Typen, die sie für zu deppert gehalten werden um Dinge zu durchschauen, für deppert verkauft werden. Und vielleicht auch, dass der einzige Echoraum, den es wirklich gibt von den Kommunikationsfirmen der Regierungsparteien, den Parteisekretären und den staatlichen oder staatsgeförderten Medien gebildet wird.


DI Mathias Gruböck Baden, 13.11.2016
Unternehmens- und Organisationsberater

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