10 Mai 2015

Wertepaare


Die Diskussion in Deutschland und in Europa allgemein über die Geheimdienstzusammenarbeit entbehrt nicht einer gewissen logischen Befreitheit. Auch die Youtube und Facebook-Generatinon konnte, trotz medialer und informationstechnischer absoluter Dissipation wieder einmal lernen, dass Staaten mit anderen Staaten eine ähnliche Freundschaft führen wie die Facebookgemeinde mit einer Großzahl ihrer „Freunde“. Es bestehen eindeutig Interessen. Hierfür gibt es Verbindungen und Kooperationen die diesen Interessen dienen und eben andere die „geblockt“ werden. Geheimdienste von Ländern sind Institutionen, die die Interessen ihrer Staaten über deren eigene rechtsstaatliche Gesetzeslage stellen dürfen. „Sicherheitsinteressen“ heißt das dann. Dass zu Sicherheitsinteressen von Staaten auch wirtschaftliche Sicherheit zählt ist wohl als allgemein anerkannte Tatsache allseits bekannt.

Die Kooperation des BND mit US-amerikansichen Diensten (u.a. mit der NSA) ist aus den Interessen der Nachkriegszeit und des kalten Krieges motiviert. Seit bald 25 Jahren hat sich diese Interessenlage nun verändert. Lange wurden nun neue Aufhänger gesucht unter denen riesige Spionageprogramme und -vernetzungen tituliert wurden. Ein eher unscharfes und ungreifbares Konstrukt des „weltweiten Terrorismus“ gilt als langfristig erfolgversprechender Aufhänger um die riesigen Programme zur Kontrolle und Überwachung der westlichen Bevölkerungen zu erklären. Vollkommen ausgeblendet werden hier massive wirtschaftliche Interessen, da diese zwischen den verschiedenen „befreundeten“ Ländern eine Konkurrenzsituation darstellen. Das Geschäft der Rüstungs- und Cyberüberwachungsindustrie basiert nicht auf „freundschaftlichen“ Verträgen zwischen Geheimdienstorganisationen unterschiedlicher Staaten. Das ist einfach Schwachsinn – vor allem wenn verantwortliche Politiker hier das dem Wahlpublikum weismachen wollen. Ein sehr eindeutiges Wertepaar ist hier, dass US-Rüstungsfirmen nicht die gleichen Interessen haben wie die europäischen Rüstungsfirmen. Wie die jeweiligen Geheimdienste der zugehörigen Länder hier sich „freundschaftlich“ bei diversen konkurrierenden Geschäfts-Situationen verhalten wollen, fällt unter die Geschichte des Ammenmärchens – das ist genauso, als ob nicht rechte CIA-gesponserte Reps Kennedy ermordet hätten. Da wäre es genauso ein reiner Zufall, wenn eines der ambitioniertesten Projekte von Airbus/EADS (Aufbrechen des Monopols der USA im militärischen Lufttransport) genau eine Woche danach crashed und laufend massiven netz-medialgestützten Gegenwind bekommt, nachdem EADS eine Anzeige gegen die Ausspionierung durch „unbekannt“ (NSA) gestellt hat (Achtung Baby!). Da gibt es Sturmgewehre die plötzlich ausgetauscht werden sollen, da gibt es U-Boote die man viel besser an Australien liefern könnte, da gibt es Siemensgeschäfte, die wirklich eine freie unkontrollierte Marktwirtschaft zu Grunde legten – da gab es Siemens-Uran-Zentrifugen, deren Steuerungssoftware man (vorerst mal) im Iran zerschießen musste. 

Kann schon sein, dass hier der BND manchmal die Interessen seiner „Schöpfer“ über die ursächlichsten wirtschaftlichen Interessen der Industrie seines eigenen Staates gestellt hat. Vor allem, wenn man nur die Daten zur Verfügung stellen muss und dann mit der Auswertung und den Erkenntnissen nichts weiter zu tun hat. Ist ja schon erprobt, damals bei der Motivationsfindung für den Irakkrieg von Bush jr. hat auch der BND brav die Geschichten eines „Agent provocateur“ über fahrbare Giftgasanlagen dem CIA berichtet. Die moderne stille Post – wie man heutzutage Kriege lostritt. Vom Basenagerücht zum heißen Krieg. Aber die europäische Industrie wird sicher nicht ausspioniert – wir sind ja alle Freunde am Weltmarkt. Und die NSA hat sich die Schlüssel für die europäischen und sonstigen SIM-Karten auch nur geholt, damit sie an die Germknödlrezepte von der Jettitante kommt. Kaum kommen die vorgeblichen Terrorschützer unter Druck, werden plötzlich allerorten Nagelbomben gefunden, die die Wichtigkeit dieser zig-Milliarden-teueren Aktivitäten untermauern sollen – in der Wirtschaft würde man das Marketing nennen. Überhaupt mehren sich die Situationen wo man an die Heisenbergsche Unschärferelation erinnert wird. Wer hat hier was genau bedingt. Sind es gar die Überwachter die erst den Terror entstehen lassen. So wie die Ärzte mit ihren neuen Syndromen erst Krankheiten erschaffen, die vorher niemand hatte.

In einer Gesellschaft, die vor youtubenden Basejumpern, Apnoetauchern und Schifahrern, die die Eiger Nordwand hinunterfetzen strotzt, mantraartig zweckdienliche Gefährdungssituationen, die sich im milliardstel Prozentbreich befinden zu propagieren stellt schon eine gewissen Grad an kollektiver Gehirnwäsche dar. Marktingtechnisch könnte man da sehr viele Dinge als interessenorientierte Angstmache darlegen. Diese Strategien lassen sich meist erst im Nachhinein erkennen, da, sobald dann Forschungs- , Nachrüstungs-, oder Lobbyinggelder geflossen sind, die angebliche Gefärdung vollkommen aus der medialen und gesellschaftlichen Wahrnehmung verschwindet. Schönes Anschauungsbeispiel ist hier beispielsweise Ebola.

Werte-Paare zu nennen ist wahrscheinlich eines der zweckdienlichsten Instrumente um die Spannungsfelder aufzumachen, in denen wir uns WIRKLICH befinden. Nehmen wir zum Beispiel Wahlen in westlichen Ländern mit einem Mehrheitswahlrecht, die auch eine vollkommen überdimensionierte staatliche Organisation für alle Arten von Überwachung haben. Die noch dazu eine überdimensionale Truppe von „Agents“ haben, die „outbound“-Aktivitäten zur gezielten Steuerung von sozialen Vorgängen im Internet haben. Wie wahrscheinlich ist nun, dass hier ein Interesse an einer Zusammenführung von Informationen über die Gesinnungslage in dem jeweiligen Wahlbezirk (also über die terroristische hinaus – und aus konservativer Sicht sind Sozialisten sicherlich auf terroristischen Gefährder-Watchlists zu monitoren) und der gezielten Einflussnahme darauf welche Gruppen eher dazu bewegt werden zur Wahl zu gehen und welche eben eher davon abgehalten werden sollen. Demokratiepolitisch nennt man das dann: Der unterlegene Wahlwerber konnte seine Politik nicht genügend vermitteln. Unsere Werte eben – gesteuerte Demokratie – wie in Ägypten, wie im Jemen, wie in der Ukraine, wie in Schottland (also bei Volksabstimmungen – bei der Wahl hat man Schottland von den Tories gleich aufgegeben, da auch die Wahlglättungsstrategien eher bei einem Shoot-Out zwischen zwei etwa gleichstarken Parteien funktionieren)

Aber – alle, die etwas anderes behaupten als die diversen befreundeten Regierungen sind: Verschwörungstheoretiker, US-Basher, Putin-Versteher, Anti-Christen, Arbeitsplatzvernichter, Wirtschaftsfeinde oder noch ärger, Sozialisten! Also – Euro-Wirtschaft, nur nicht üppig werden und versuchen in irgendeiner Leitindustrie die Nummer ONE zu sein – der Platz ist für unsere obersten Freunde reserviert. Freundschaft.

DI Mathias Gruböck                                                                Baden, 10.05.2015
Unternehmens- und Organisationsberater

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