05 August 2015

Die Botschaft macht noch immer der Empfänger



Endlich sind sie wieder da, die Sprachwissenschaftler und Semantiker, die gutes Geld damit verdienen anderen zu erklären warum sie welche Botschaft oder Meinung nicht äußern dürfen. Diesmal wieder an Hand der Asyldebatte. Die glauben noch immer, dass man die Asylproblematik, den Weltfrieden und soziale Spannungen dadurch verhindert, dass man die „richtige“ Wortwahl trifft. Das hat den gleichen Ursprung wie ein hineingehecheltes „Töchter-Söhne“ in eine Hymne – das hat keiner einzigen Frau in ihrer ganz persönlichen Lebenssituation auch nur irgendwas geholfen. Auch wird es deswegen weniger zu einer methodischen Folter, wenn man Ertränkungshandlungen semantisch wie eine neue Sportart nennt (Waterboarding) oder aber Gegner einfach aus dem Völkerrechtsschutz durch die Titulierung „illegitime Kämpfer“ schießt.

Besonders schwachsinnig wird dann die Übung wenn zuvor massiv Illegitimität und Terrorismus mit dem Islam und Afrika verknüpft und dann auch gleich bekämpft werden und gleichzeitig Sprachwissenschaftler für das daraus folgende Flüchtlingschaos einfach das Wort „illegitim“ in Bezug auf Flüchtlinge verbieten. Auch Horde, Herde und Schwarm werden verpönt. So einfach werden die Probleme gelöst. Keiner darf mehr seine Meinung äußern, außer sie entspricht den gewünschten Wort-Inhalts-Sujets. Man darf nicht mehr Sozialschmarotzer sagen, man darf sich auch nicht gegen einen vollkommen unkontrollierten Zuzug von neuen Mitbürgern sein und man darf nicht unsolidarisch mit den Neuankömmlingen sein. Weil die haben das Recht und wir die Pflicht. Und überhaupt, was sollten die ehemaligen Migranten, die jetzt voll berechtigte Rekordarbeitslose sind, gegen neue Migranten haben? Wen stören die fast 1 Million Flüchtlinge in Russland aus der Ukraine, die dorthin dank der „defensiven“ Osterweiterung der NATO/EU geflohen sind? Wen stört, dass die USA jetzt beginnt „ihre“ Rebellen militärisch in Syrien an die Macht zu bringen? Wen stört es, dass ein Flüchtlingslager (Gaza) allenthalben durch die Besatzungsmacht Israel ausradiert wird (aja – darf man auch nicht sagen, das ist verbotenes Wording)?

Einen soziologischen Großversuch durch genau die Partien durchführen zu lassen, die bereits nachgewiesen haben, dass sie nur die Fähigkeit der Schadensmaximierung bei Bankendesastern haben und einen laisser-faire Stil bei allem und jedem an den Tag legen, der jedem, der bei regieren nicht an reagieren denkt, Angst und Schrecken verbreitet, ist so gewagt wie sich während einer Massenpanik alle mal zu bitten kurz stehen zu bleiben um sich in Ruhe die Schuhe zu binden.

Die Asyldiskussion ist deswegen so symptomatisch, da sie das Problem der fehlenden Problemlösungskapazitäten sehr klar zeigt. Alle haben dabei Recht – es gibt alles und das gleichzeitig – Migranten, Asylanten, Sozialschmarotzer, Inländer, Ausländer, EU-Länder, Krieg, Armut, Verbrechen – und es gibt Bürger die sich mit allen oder den meisten solidarisch zeigen (die Frage ist über welche Zeitdauer und Menge) und andere die das nicht tun (mit oft den grauslichsten
Argumenten). Und dann gibt es noch die Spach-Marketiers, die einfach glauben, dass wenn etwas in der öffentlichen Wahrnehmung (also in letzter Konsequenz das was sie als öffentliche Wahrnehmung definieren) nicht mehr vorkommen darf, es auch nicht mehr existiert. Wie bei einer Massenpanik rufen sie über Megaphone der Horde zu: Habt keine Panik! In der gleichen Sekunde wird dann aber auch gleich wieder vor dem art-, religions-, kultur und farbfremden gewarnt – von dort kommt ja bekanntlich der Terror. Vielleicht sollten wir mal etwas mehr Geld in diesen Gegenden in Klimaschutzbeiträge, Wiederaufforstung und nachhaltige Infrastruktur investieren, als in die Waffensysteme die wir dort unten einsetzen. Weil Krieg ist der Vater jeder Völkerwanderung und Profit sein Auftraggeber.

DI Mathias Gruböck Baden, 05.08.2015
Unternehmens- und Organisationsberater

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