Endlich
sind sie wieder da, die Sprachwissenschaftler und Semantiker, die
gutes Geld damit verdienen anderen zu erklären warum sie welche
Botschaft oder Meinung nicht äußern dürfen. Diesmal wieder an Hand
der Asyldebatte. Die glauben noch immer, dass man die
Asylproblematik, den Weltfrieden und soziale Spannungen dadurch
verhindert, dass man die „richtige“ Wortwahl trifft. Das hat den
gleichen Ursprung wie ein hineingehecheltes „Töchter-Söhne“ in
eine Hymne – das hat keiner einzigen Frau in ihrer ganz
persönlichen Lebenssituation auch nur irgendwas geholfen. Auch wird
es deswegen weniger zu einer methodischen Folter, wenn man
Ertränkungshandlungen semantisch wie eine neue Sportart nennt
(Waterboarding) oder aber Gegner einfach aus dem Völkerrechtsschutz
durch die Titulierung „illegitime Kämpfer“ schießt.
Besonders
schwachsinnig wird dann die Übung wenn zuvor massiv Illegitimität
und Terrorismus mit dem Islam und Afrika verknüpft und dann auch
gleich bekämpft werden und gleichzeitig Sprachwissenschaftler für
das daraus folgende Flüchtlingschaos einfach das Wort „illegitim“
in Bezug auf Flüchtlinge verbieten. Auch Horde, Herde und Schwarm
werden verpönt. So einfach werden die Probleme gelöst. Keiner darf
mehr seine Meinung äußern, außer sie entspricht den gewünschten
Wort-Inhalts-Sujets. Man darf nicht mehr Sozialschmarotzer sagen, man
darf sich auch nicht gegen einen vollkommen unkontrollierten Zuzug
von neuen Mitbürgern sein und man darf nicht unsolidarisch mit den
Neuankömmlingen sein. Weil die haben das Recht und wir die Pflicht.
Und überhaupt, was sollten die ehemaligen Migranten, die jetzt voll
berechtigte Rekordarbeitslose sind, gegen neue Migranten haben? Wen
stören die fast 1 Million Flüchtlinge in Russland aus der Ukraine,
die dorthin dank der „defensiven“ Osterweiterung der NATO/EU
geflohen sind? Wen stört, dass die USA jetzt beginnt „ihre“
Rebellen militärisch in Syrien an die Macht zu bringen? Wen stört
es, dass ein Flüchtlingslager (Gaza) allenthalben durch die
Besatzungsmacht Israel ausradiert wird (aja – darf man auch nicht
sagen, das ist verbotenes Wording)?
Einen
soziologischen Großversuch durch genau die Partien durchführen zu
lassen, die bereits nachgewiesen haben, dass sie nur die Fähigkeit
der Schadensmaximierung bei Bankendesastern haben und einen
laisser-faire Stil bei allem und jedem an den Tag legen, der jedem,
der bei regieren nicht an reagieren denkt, Angst und Schrecken
verbreitet, ist so gewagt wie sich während einer Massenpanik alle
mal zu bitten kurz stehen zu bleiben um sich in Ruhe die Schuhe zu
binden.
Die
Asyldiskussion ist deswegen so symptomatisch, da sie das Problem der
fehlenden Problemlösungskapazitäten sehr klar zeigt. Alle haben
dabei Recht – es gibt alles und das gleichzeitig – Migranten,
Asylanten, Sozialschmarotzer, Inländer, Ausländer, EU-Länder,
Krieg, Armut, Verbrechen – und es gibt Bürger die sich mit allen
oder den meisten solidarisch zeigen (die Frage ist über welche
Zeitdauer und Menge) und andere die das nicht tun (mit oft den
grauslichsten
Argumenten).
Und dann gibt es noch die Spach-Marketiers, die einfach glauben, dass
wenn etwas in der öffentlichen Wahrnehmung (also in letzter
Konsequenz das was sie als öffentliche Wahrnehmung definieren) nicht
mehr vorkommen darf, es auch nicht mehr existiert. Wie bei einer
Massenpanik rufen sie über Megaphone der Horde zu: Habt keine Panik!
In der gleichen Sekunde wird dann aber auch gleich wieder vor dem
art-, religions-, kultur und farbfremden gewarnt – von dort kommt
ja bekanntlich der Terror. Vielleicht sollten wir mal etwas mehr Geld
in diesen Gegenden in Klimaschutzbeiträge, Wiederaufforstung und
nachhaltige Infrastruktur investieren, als in die Waffensysteme die wir dort
unten einsetzen. Weil Krieg ist der Vater jeder Völkerwanderung und
Profit sein Auftraggeber.
DI
Mathias Gruböck Baden, 05.08.2015
Unternehmens-
und Organisationsberater
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