10 April 2017

Jetzt geht’s flott

Jetzt verdichten sich die Aufputschungstaten mit immer schnellerem Stakkato. Immer rechtzeitig für die Headlines am nächsten Tag kommt eine Horror-Meldung nach der anderen. Es ist wahrscheinlich die gleiche Methode wie damals zu Zeiten der Kreuzzüge. Die Christenheit wird angegriffen – ein paar Ungereimtheiten werden da noch glattgebügelt, wie zum Beispiel, dass der Herr Assad so wie der Herr Hussein damals, den Christen und anderen Minderheiten eher schützend zur Seite stand, da sie als säkulare Herrscher nichts so sehr fürchteten als einen Konfessionskrieg.

Diesen suchen ganz klar die Golfstaaten um ihren ideologisch-materiellen Führungsanspruch in dieser Region geltend zu machen. Und ihre Interessen damit durchzusetzen. Die Golfstaaten sehen sich in Wirklichkeit als die Kalifen der (sunnitischen) Welt. Mekka und Mammon sind das Zentrum ihres Kalifats. Kein Mensch fragt sich warum in Europa die 500er Scheine eingestellt werden aber der IS noch immer Waffen und Geld im Überfluss hat. Da passt einiges nicht zusammen im Narrativ der „westlichen Verbündeten“. In Syrien kulminieren diese Unstetigkeiten zu einem vollkommenen politischen Chaos bis hin zu einem Stellvertreterkrieg der einzelnen, sich bekämpfenden Gruppen in der US-Elite. Von außen betrachtet wirkt es als ob die Machtzirkeln in den USA ein massives Borderline-Syndrom aufgerissen haben – nicht unerheblich, da es in der Weltmachtpolitik vor allem um Grenzen geht. Und Kontrolle. Wobei hier immer mehr übersehen wird, dass die USA und auch große Teile ihrer westlichen Verbündeten jedwede rechtsstaatliche Selbstkontrolle verloren haben. Geschichtlich gesehen ist der Verlust des eigenen Regulatives meist der Auftakt für den Zerfall einer Großmacht gewesen, da innere Reibungsverluste die effektive Machtentfaltung im Außen schwächen. Auch der Versuch durch die Gestaltung eines äußeren Feindes (Russland) die Machteliten hinter der zentralen Machtfunktion zu versammeln zeigt nicht den gewünschten Erfolg – solange es nicht wirklich zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommt. Die US-Dienste und die anderen westlichen Dienste haben über die Jahre immer wieder ihre Fähigkeiten unter Beweis gestellt auf der ganzen Welt kriegerische Konflikte zu entfachen um in der Folge dann als Ordnungsmacht diese Länder zu rekolonialisieren. Ein Unterfangen, dass in nordafrikanischen und zentralasiatischen muslimischen Staaten recht leicht von statten ging, jedoch bei Großmächten wie Russland und China ein unkalkulierbares Risiko für die eigene nationale Sicherheit und sogar den Weltfrieden birgt.

Wenn man sich jedoch die Dichte der Impulse vergegenwärtigt, die derzeit alle einen offen-heißen Krieg in Syrien durch westliche Eroberer plausibilisieren sollen (tägliche Terrorangriffe (speziell mit Tätern aus dem Ex-Sowjetregionen), Angriffe auf die Christenheit (für die rechtsrechten christlich-weißen Trumpwähler), eine implizite Angriffsdrohung durch die EU-Minister (die einem regierenden Staatsoberhaupt de fakto den Krieg zum wiederholten male erklären, da die EU mit ihm keinen Frieden machen will), der Verkauf eines militärischen Angriffs als Vergeltungs- und Verteidigungsmaßnahme der USA/NATO durch die überraschend kriegswilligen westlichen Medien und Meldungen von IS-Angriffen auf US- und GB-Stützpunkte in Syrien (!?) in Kombination mit einer Vermantschung mit Luftschlägen gegen diese Stützpunkte als sie noch von den Söldnern der verbündeten Angreifer (USA, Saudi Arabien, Katar, Türkei, GB, D, FR, NATO) gehalten wurden durch russische Kampfflieger (ab 05.45 Uhr wird zurückgeschossen)) dann sollte es nicht mehr lange dauern, dass uns die US-Kriegsbefürworter von der aufgebauten Spannung befreien und endlich in Syrien den sunnitisch-saudischen Söldnerheeren zum Durchbruch verhelfen. Dass dies eine Vertreibung der Alawiten, Aramäer, christlichen Minderheiten in Syrien zur Folge haben wird ist diesen Gruppen vollkommen egal, da sie einen kurdischen Korridor zwischen der Türkei und Ex-Syrien bilden wollen, der ihren wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen zupass kommt.

Irgendwie ist allen alles schon viel zu kompex und auch kompliziert. Vielen scheint ein ordentlicher Krieg schon eine richtige Erleichterung zu sein, da man durch nichts so schnell die Komplexität reduzieren kann wie durch einen Krieg. Die derzeitigen Machteliten sind auch eher von dem Schlag der 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts und glauben wirklich, dass man wohl ein paar Millionen Menschen opfern muss um den eigenen Reichtum zu mehren. Diese Gruppen haben durchaus die Fähigkeit und die Möglichkeit diese destruktiven Strategien umzusetzen, da einen Krieg jeder populistische Vollidiot entfachen kann. Mit den gutdotierten, außerhalb jeder Rechtsstaatlichkeit stehenden Strukturen (vulgo Geheimdienste) und den modernen Techniken (Vernetzung und deren Steuerung) geht das heutzutage fast schon vollautomatisch. Und flott - speziell wenn man keine US-Aktien mehr kaufen soll.

DI Mathias Gruböck                                                                                                  Baden, 10.04.2017
Unternehmens- und Organisationsberater

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