01 März 2016

Zwischenkriegszeiten

Stilistisch wieder einmal schön versteckt als Fußnote wird das werte Publikum die Kunbarmachungsverordnung der obersten US-Heereskommandostelle brav wiedergegeben. Da stellt sich dann heraus, dass die Feuerpause in Syrien anscheinend nur dazu dient ungestört in Syrien einzumarschieren. Die US Truppen marschieren wie selbstverständlich ein, die Türken versorgen ihre Brückenköpfe mit Nachschub um dann mit den US-NATO Truppen eine Zangenbewegung zu machen. Ziel ist es Nordsyrien durch eine Zangenbewegung zu erobern oder zumindest den "feien" Sunnitenkriegern die Flanke abzusichern. Es wäre nun interessant ob die USA die syrische Regierung mit ihren Unterstützern den Russen über ihr Eindringen auf syrisches Hoheitsgebiet informiert haben, da sonst die Gefahr bestünde, dass die Russen versehentlich die US-Invasionstruppen als IS-Terroristen bekämpfen könnten. 

Dann würden sich die USA natürlich in ihrer nationalen Sicherheit bedroht fühlen, oder sie müssen ihre Marines verteidigen oder sonstwas und man hat den superschönsten heißen Krieg. Speziell in einer Feuerpause genau das richtige Signal der USA, dass es ihr nicht um Landgewinn und die Spaltung Syriens gebt. Der ORF kommt seiner Informationspflicht auch im 3, Absatz unter der ganz wichtigen Cyberwar-Ente nach. (Falls in den IS-Gebieten noch irgendwelche IS-IKT-Infrastuktur nicht bombardiert worden ist, dann fragt man sich was die US-Bombenangriffe in Syrien und dem Irak wirklich seit Jahren gemacht haben) 

In Wirklichkeit ist diese ganze IS-Geschichte ein Feigenblatt für die türkische, NATO-gestützte Aggression. Merkel weiß auch, dass das erst der Anfang war und die Feuerpause nur dazu dient, dass die UN-Verbindungsmänner (die gaaaanz sicher nicht irgendwelchen westlichen Geheimdiensten angehören) die eingeschlossenen Rebellen (der Westen nennt das monoton Opposition, klingt doch nach Parlamentarismus und nicht nach US-Raketen verfeuernden Turkmenenkriegern) strategisch wieder ausrichten und neuformieren. Eine einfache Übung für die erprobten Regimechanger im Westen, religiös-ethnische Spannungen solange zu befeuern (indem man zum Beispiel sunnitische Generäle der syrischen Armee zum Aufstand aufwiegelt um sie dann mit modernsten Waffen, Nachschub und Truppen zu versorgen und medial als Opposition zu vermarkten) bis ganz Syrien im Flächenbrand stand. Saudische Flieger werden in die Türkei verlegt, NATO-Schiffsverbände ins Mittelmeer, Bodentruppen sickern aus der Türkei und dem Irak ein. So schaut der moderne Eroberungfeldzug aus (der natürlich nur der Verteidigung der Menschenrechte dient). Wie in den Indianerkriegen schließen die USA, wenns taktisch gerade Not tut, einen Waffenstillstand um ihre verbündeten Kräfte ungestört neu zu sortieren und in die Verfügungsräume zu führen. Ein Monat länger und Präsident Erdogan hätte wieder nur seine türkischen Kurden maskrieren können. 

Die Welt darf sich auf einen spannenden Kampf einstellen. Die USA kämpfen im Prinzip um ihren weltweiten Alleinherrschaftsanspruch. Es kann einfach nicht sein, dass sie ihren Machtanspruch in Syrien nicht durchsetzen kann, da dies als Zeichen für die restliche Welt gelten würde, dass die USA nicht mehr unüberwindbarer Weltherrscher sind. Das würde den Dollar massiv auf Talfahrt schicken und die Welt würde ihre hunderten Milliarden Rüstungsgelder auch nicht mehr so ohne weiteres in die, dann nicht mehr so überlegene US-Rüstungsindustrie stecken. Auch könnten sich die Europäer dann zu sehr freispielen, da die NATO-Motivation des Selbst-Schutzes (was an sich in Nordafrika und Afghanistan bereits seit Jahren pervertiert wird) nicht mehr das Regime der US-Truppen in Europa unangreifbar machen würde. Für Amerika geht es um viel zu viel, als dass es in Syrien nicht erst richtig losgehen würde, mit wirkichen kriegerischen Handlungen. Jetzt wird es heiß. Da wird auch Merkel von ihren tranatlantischen Partnern gezwungen unbegrenzt Kriegsvertriebene aus Syrien, Irak, Libyen und Afghanistan aufzunehmen, da alle die in diesen Ländern zurückbleiben bald als Terroristen behandelt werden (vergleiche: erste Angriffe auf unerwünschte Regierungsgebilde in Libyen). Eine Art Schlachtfeldsäuberung der NATO über die Türkei. Einzig die Kurden müssen noch als nützliche Idioten für die NATO-Strategie gelobt werden um die Räume zu halten, während die türkischen NATO Kräfte in diese Räume vordringen. Derweil geht die politische Herumhackerei in Europa über die "Das Boot ist voll"-Thematik lustig weiter, ohne darauf einzugehen, dass es sich in Wirklichkeit seit Jahrzehnten um ein Kriegsschiff mit US-Kapitän handelt. Paradoxon des Tages: Vielleicht machen die Visegradstaaten durch ihre Blockadepolitik mehr gegen die Kriegsstrategien im Mittelmeer-Schwarzmeerraum als die Guten, die helfen die Aufmarschräume freizuschaufeln?

DI Mathias Gruböck                                                     Nondorf, 01.03.2016
Unternehmens- und Organisationsberater

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