19 September 2015

Österreich am Scheideweg

Die Sonntagsfrage wird laut Profil Ende September 2015 mit 33% FPÖ, 23% SPÖ und 21% ÖVP gelistet. Beide Großparteien (?) wären in einer AG jenseits der Sperrminorität und zusammen haben sie auch keinerlei Mehrheit außer eine relative mit gerade einmal 11 Prozentpunkten Vorsprung gegenüber der FPÖ.

Im Zuge der Flüchtlingsthematik ist eine sogenannte „Zivilgesellschaft“ ins Handeln gekommen, da die Staatsführung offenbar keinerlei wieimmergeartete situationsangepasste Reaktionen gezeigt hat. Da keinerlei Vorgaben oder Strukturierungen der Staatsführung absehbar waren, wie jetzt genau Recht und Ordnung im Bezug auf die Flüchtlingsthematik aussehen sollte, haben einige viele das Handlungsregime an sich gezogen und einfach einmal geholfen. Hilf- und ratlose Politiker haben sich in der Folge soweit erfrecht, sich an die Spitze dieser Basisbewegung zu setzten und diese schrittweise für sich zu vereinnahmen.

Zwei, tendenziell sehr fragwürdige Strategien werden hierbei deutlich:

1.) Gesellschaftliche Gruppen, die zunehmend das Machtvakuum einer Regierung, die nicht regiert sondern nur versucht politische Entwicklungen einzufangen oder hinterherzulaufen (wenn sie nicht gerade damit beschäftigt ist möglichst nichts zu ändern und so weiter zu wurschteln wie bisher), beginnt auszufüllen. Immer öfter hört man den Satz: Wenn die Politik versagt, dann muss man das Recht in die eigene Hand nehmen. Im Zuge der Flüchtlingsproblematik haben eine zunehmend relevante Menge an Menschen nach einem selbstdefinierten, aus einer moralisch-ethischen Gesinnung heraus de facto gesellschaftlich verbindliche Regeln geschaffen. Meinungsäußerungen aus einer anderen Überzeugung heraus (PEGIDA) wurden von einem, ebenfalls, Massenphänomen und politischer Willenskundgebung zu einem Verstoß gegen das Gesinnungsregime der medialen Meinungsführerschaft diskreditiert und als Darf-man-nicht-haben-Gesinnung stilisiert. An einem weitgehenden Verbot der Äußerung einer Meinung entgegen der Leitmeinung wird massiv gearbeitet. Jede Fragestellung in Richtung: „Wieviel Opfer (im Sinne von Menschen) verträgt eine funktionierende und solidarische Gesellschaft – speziell unter dem Aspekt der Macht von Opfern auf Grund ihres Status?“ wird sofort als weitere Opferschändung entlarvt und nicht weiter beachtet. Im Zuge der Flüchtlingssystematik entsteht eine Art Parallel-Rechtstaat, an dem EU-Bürger nicht Teilnehmen können (z.B.: Roma und Sinti können nicht aus einem EU-Land fliehen oder diverse höchstregulative Bestimmungen, an die sich jeder EU-Bürger gegen Strafandrohung halten muss – nur weil er eben kein Opfer ist). Daraus entwickelt sich wahrscheinlich eine durchaus realistische Befürchtung mancher EU-Bürger, dass sie hinter den fortwährend ankommenden Opfern zurückgesetzt werden.

2.) Eine wohl viel gefährlichere Entwicklung stellt das aktuelle Schnitzen an der NAZI-Keule dar. Alle die nicht der Meinung der öffentlich-rechtlich-staatlichen Leitmeinung sind, werden ins NAZI- und Rassisteneck geschoben. Speziell ein aktuelles Aufwärmen von 26 Jahre alten Fotos eines Parteiführers deutet auf die Strategie der SPÖ hin, die sie schon einmal (speziell der aktuelle Bundespräsident) praktiziert hat. Die Story die derzeit vorbereitet wird ist eine sehr gefährliche: Schritt eins: Herr Strache ist eigentlich ein NAZI, damit ist ein etwaiger demokratischer Erfolg gegen alle Staatsmedien und großkoalitionäre Netzwerke als eigentlich illegal definierbar. Ähnlich wie in der Flüchtlingsfrage und bei der Blau/Schwarzen Koalition wird ein breitflächiger und internationaler Widerstand vorbereitet. Die Gefahr hierbei ist, genau wie in der Flüchtlingsproblematik, dass die SPÖ-Spinndoktoren nach der Wahl wieder weg sind und es fraglich ist, ob die derzeitige SPÖ-Führung einen von ihr initiierten Widerstand voll unter demokratisch-rechtsstaatlicher Kontrolle halten kann. Wahrscheinlich ist das der SPÖ aber auch egal, da sie in Wien im Prinzip um ihre Existenzberechtiung kämpft. Und politische Parteien, die derart abgewirtschaftet haben aber noch immer die gesamte Machtfülle des Staatsapparates kontrolliert, reagiert in ihrer Panik vor absolutem Kontrollverlust wohl sehr schnell aggressiv. Prinzipiell ist eine Oppositionsstrategie einer Mehrheitspartei gegen eine Oppositionspartei meistens sowieso schon ein Zeichen der Schwäche. Viele mit „linker“ Gesinnung werden das Narrativum vom NAZI-HC-Strache als Rechtfertigung dafür nehmen, das Gesetz in ihre Hand zu nehmen und in den Widerstand zu gehen. Sozusagen als Antwort auf die ewige Frage „Wie hättest du damals reagiert“ kann man in der Folge die Rechtsgültigkeit einer Wahl, bei der die FPÖ mandatsstärkste Partei wird in Abrede stellen. Es ist davon auszugehen, dass die SPÖ in Wien nicht ohne weiteres eine demokratische Entscheidung gelten lassen und von der Macht weichen wird. Es ist schon daran zu erkennen wie denkunmöglich die Vorstellung eines wirklichen Machtwechsels bei einer demokratischen Wahl in Österreich selbst für die systemimmanenten „Experten“ ist. Stell dir vor, du hast alles unter deiner Kontrolle und das blöde Volk wählt etwas anderes!? Das ist ein Putsch von unten! Raus mit dem NAZI-Volk aus Österreich. Wer die falschen Politiker wählt, ist unsolidarisch und wird des Landes verwiesen. Ab wieviel Prozent einer Religion an der Wohnbevölkerung wird der Freitag eigentlich freigegeben? Wie ist das jetzt mit der Burka und dem Kopftuch? Stimmt es jetzt plötzlich wieder, was Ex-Präsident Wulff gesagt hat, dass der Islam Teil der deutschen Identität ist? War doch die letzte Zeit jetzt wieder anders gesehen worden vom Präsidenten Gauck – und wie ist das mit BP Fischer? Eh klar – man muss einfach flexibel sein und das Leben ist eben Veränderung. Richtig – eben auch in der Politik. Österreich am Scheideweg.

DI Mathias Gruböck                                                           Baden, 19.09.2015
Unternehmens- und Organisationsberater

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