21 Juli 2016

Sport Politik


Der Vorgang ist so simple wie abgekartet. Die New York Times und andere US-Medien präsentieren einen „Kronzeugen“ aus Russland, der schwere Vorwürfe gegen Anti-Doping-Maßnahmen in Russland erhebt.

Unter der Prämisse, dass gewisse Leistungen im Sport gar nicht mehr ohne leistungssteigernden Medikamenten zu erreichen sind (vergl. Radfahren und andere Ausdauersportarten) scheint eine ausschließliche Verfolgung von russischen Aktivitäten auf diesem Gebiet äußerst unausgewogen. Massivste Leistungssteigerungen der britischen Athleten während ihrer „Heimolympiade“ in London mit gleichzeitiger Vollüberwachung aller Vorgänge durch britische Geheimdienste führten nie zu systematischen Untersuchungen. Auch China oder die USA praktizieren natürlich keine staatlich gestützten, medikamentellen Leistungssteigerungsprogramme für Athleten.

Spezielles Interesse zeigen seit einigen Jahren dienstliche Strukturen in den USA an der verstärkten Einflussnahme in Sportorganisationen, die sich ihrer Kontrolle bisher noch entzogen haben. (vergl. Führungswechsel in FIFA/UEFA auf Druck der US-Industrie und unter Einsatz von US-Diensten oder die gezielte Ausschaltung der Tennisspielerin Maria Scharapowa, weiters Ansätze zum Boykott von russischen Sportveranstaltungen)

Der Vorgang wurde in der üblichen Weise durch eine Weitergabe von Geheimdienstmaterial an die üblichen Medienkanäle in den USA in Kombination mit der Abwerbung eines „Kronzeugen“ gestartet. In der Folge veranlassen dann „westlich“ dominierte Sportorganisationen eine „unabhängige“ Untersuchung in der immer wieder die gleichen Vorwürfe vorgebracht werden.

Die „Unabhängige Person“ die den letzten Bericht für das IOC verfasst hat, ist zum Beispiel Vorstand eines Beratungsunternehmens, dass vor allem folgende Organisationen strategisch berät:
  • World Anti-Doping Agency (WADA)
  • United States Anti-Doping Agency (USADA)
  • International Olympic Committee (IOC)
  • Taylor Hooton Foundation (linked to USADA)
  • National Sport Law Institute at Marquette University, U.S.A
  • Basketball Arbitral Tribunal
  • Canadian Centre for Ethics in Sports (CCES)

Die „Unabhängige Person“ macht dann eine Untersuchung in Kalifornien mit seinen US-Netzwerkmitgliedern, ein paar Studenten seiner Universität und einem britischen Uni-Professor. Für die „unabhängige Untersuchung“ befragt er natürlich niemand in Russland:

The IP did not seek to interview persons living within the Russian Federation. My experience on the IC was such that individuals who were identified to give interviews were fearful of speaking to the IC.“

Der erste Vorwurf ist, dass es anscheinend irgendwelche Direktiven gegeben hätte alle Proben ausländischer Athleten als „unsave“ einzustufen. Da werden dann Tortengrafiken gegenübergestellt, die zwei Zahlen ins Verhältnis setzen und 577 russische Proben und 66 ausländische Proben darstellen. Was der IP (Independent Person) damit darstellen will wird auch durch den kryptischen Text nicht klarer:

Here is an excerpt from recovered digital communication during the 2013 Moscow Championships: “All foreigners –quarantine!” and during another event “Foreigners – Quarantine.”“

Wobei es keine Faksimile oder dergleichen gibt und es schwer zu bezweifeln ist, dass geheime Absprachen bei „2013 Moscow Championships“ (?) von russischen, staatlichen Verschwörern auf englisch getätigt werden.

Die Behauptungen des IP beziehen sich auf „Witnesses“ und unterstellen hier, dass es sich um eine Vielzahl an Menschen handelt. Auch die Feststellung:

The precise method used by the FSB to open the Sochi sample bottles is unknown. The IP experts conclusively established that the caps can be removed and reused later.“

ist mehr als dürftig. Es lässt zudem den Schluss zu, dass die unerklärlichen Fähigkeiten, die der FSB (ist immerhin der Auslands-Geheimdienst der Russen?!) angeblich besitzt auch von anderen Geheimdiensten genutzt werden.

Laut Ermittlungen des IP ist die Sportart, die am 4. häufigsten von positiven Dopingproben durch den FSB befreit wurde „Paraolympics“. Noch vor den Radfahrern und einem Snowboarder – sicher Vic Wild, einem russifizierten US-Amerikaner, der zwei Goldmedaillen in Sochi gewonnen hat. War er ja so von den USA gewohnt. Werden jetzt alle russischen Paraolympioniken auch ausgeschlossen?

Warum macht man nicht einfach ein Vier-Augen-Länderprinzip. Die Russen testen die Amis, die Amis testen die Russen oder die Briten werden von den Chinesen getestet und die Chinesen von den Deutschen. Das wäre wahrscheinlich zu scharf für die meisten Spitzensportler weltweit. Auch würden dann plötzlich alle für den Vatikan starten, da der dann von Saudi-Arabien kontrolliert werden würde. Und in Saudi-Arabien benötigen sie ja noch jede Menge an naturalisierten Sportlern.

Und vielleicht schafft es einmal die Sportbranche jemanden wirklich unabhängigen mit sportpolitischen Untersuchungen zu beauftragen, der sich noch mit dem offenkundigen „Feind“ sprechen traut. Für unabhängige Untersuchungen muss man schon noch mit BEIDEN Seiten sprechen, oder nicht?

DI Mathias Gruböck Baden, 19.07.2016
Unternehmens- und Organisationsberater





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