Der Vorgang ist so simple wie abgekartet. Die New York Times und
andere US-Medien präsentieren einen „Kronzeugen“ aus Russland,
der schwere Vorwürfe gegen Anti-Doping-Maßnahmen in Russland
erhebt.
Unter der Prämisse, dass gewisse Leistungen im Sport gar nicht mehr
ohne leistungssteigernden Medikamenten zu erreichen sind (vergl.
Radfahren und andere Ausdauersportarten) scheint eine ausschließliche
Verfolgung von russischen Aktivitäten auf diesem Gebiet äußerst
unausgewogen. Massivste Leistungssteigerungen der britischen Athleten
während ihrer „Heimolympiade“ in London mit gleichzeitiger
Vollüberwachung aller Vorgänge durch britische Geheimdienste
führten nie zu systematischen Untersuchungen. Auch China oder die
USA praktizieren natürlich keine staatlich gestützten,
medikamentellen Leistungssteigerungsprogramme für Athleten.
Spezielles Interesse zeigen seit einigen Jahren dienstliche
Strukturen in den USA an der verstärkten Einflussnahme in
Sportorganisationen, die sich ihrer Kontrolle bisher noch entzogen
haben. (vergl. Führungswechsel in FIFA/UEFA auf Druck der
US-Industrie und unter Einsatz von US-Diensten oder die gezielte
Ausschaltung der Tennisspielerin Maria Scharapowa, weiters Ansätze
zum Boykott von russischen Sportveranstaltungen)
Der Vorgang wurde in der üblichen Weise durch eine Weitergabe von
Geheimdienstmaterial an die üblichen Medienkanäle in den USA in
Kombination mit der Abwerbung eines „Kronzeugen“ gestartet. In
der Folge veranlassen dann „westlich“ dominierte
Sportorganisationen eine „unabhängige“ Untersuchung in der immer
wieder die gleichen Vorwürfe vorgebracht werden.
Die „Unabhängige Person“ die den letzten Bericht für das IOC
verfasst hat, ist zum Beispiel Vorstand eines Beratungsunternehmens,
dass vor allem folgende Organisationen strategisch berät:
-
World Anti-Doping Agency (WADA)
-
United States Anti-Doping Agency (USADA)
-
International Olympic Committee (IOC)
-
Taylor Hooton Foundation (linked to USADA)
-
National Sport Law Institute at Marquette University, U.S.A
-
Basketball Arbitral Tribunal
-
Canadian Centre for Ethics in Sports (CCES)
Die „Unabhängige Person“ macht dann eine Untersuchung in
Kalifornien mit seinen US-Netzwerkmitgliedern, ein paar Studenten
seiner Universität und einem britischen Uni-Professor. Für die
„unabhängige Untersuchung“ befragt er natürlich niemand in
Russland:
„The
IP did not seek to interview persons living within the Russian
Federation. My experience on the IC was such that individuals who
were identified to give interviews were fearful of speaking to the
IC.“
Der
erste Vorwurf ist, dass es anscheinend irgendwelche Direktiven
gegeben hätte alle Proben ausländischer Athleten als „unsave“
einzustufen. Da werden dann Tortengrafiken gegenübergestellt, die
zwei Zahlen ins Verhältnis setzen und 577 russische Proben und 66
ausländische Proben darstellen. Was der IP (Independent Person)
damit darstellen will wird auch durch den kryptischen Text nicht
klarer:
„Here
is an excerpt from recovered digital communication during the 2013
Moscow Championships: “All foreigners –quarantine!” and during
another event “Foreigners – Quarantine.”“
Wobei
es keine Faksimile oder dergleichen gibt und es schwer zu bezweifeln
ist, dass geheime Absprachen bei „2013 Moscow Championships“ (?)
von russischen, staatlichen Verschwörern auf englisch getätigt
werden.
Die
Behauptungen des IP beziehen sich auf „Witnesses“ und
unterstellen hier, dass es sich um eine Vielzahl an Menschen handelt.
Auch die Feststellung:
„The
precise method used by the FSB to open the Sochi sample bottles is
unknown. The IP experts conclusively established that the caps can be
removed and reused later.“
ist
mehr als dürftig. Es lässt zudem den Schluss zu, dass die
unerklärlichen Fähigkeiten, die der FSB (ist immerhin der
Auslands-Geheimdienst der Russen?!) angeblich besitzt auch von
anderen Geheimdiensten genutzt werden.
Laut
Ermittlungen des IP ist die Sportart, die am 4. häufigsten von
positiven Dopingproben durch den FSB befreit wurde „Paraolympics“.
Noch vor den Radfahrern und einem Snowboarder – sicher Vic Wild,
einem russifizierten US-Amerikaner, der zwei Goldmedaillen in Sochi
gewonnen hat. War er ja so von den USA gewohnt. Werden jetzt alle
russischen Paraolympioniken auch ausgeschlossen?
Warum
macht man nicht einfach ein Vier-Augen-Länderprinzip. Die Russen
testen die Amis, die Amis testen die Russen oder die Briten werden
von den Chinesen getestet und die Chinesen von den Deutschen. Das
wäre wahrscheinlich zu scharf für die meisten Spitzensportler
weltweit. Auch würden dann plötzlich alle für den Vatikan starten,
da der dann von Saudi-Arabien kontrolliert werden würde. Und in
Saudi-Arabien benötigen sie ja noch jede Menge an naturalisierten
Sportlern.
Und
vielleicht schafft es einmal die Sportbranche jemanden wirklich
unabhängigen mit sportpolitischen Untersuchungen zu beauftragen, der
sich noch mit dem offenkundigen „Feind“ sprechen traut. Für
unabhängige Untersuchungen muss man schon noch mit BEIDEN Seiten
sprechen, oder nicht?
DI
Mathias Gruböck Baden, 19.07.2016
Unternehmens-
und Organisationsberater
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