Ganz
Europa, oder zumindest das deutschprachige Mitteleuropa befindet sich
derzeit in einer Art zirkulären Lösungsfindung. Hin und her geht’s
da. Wie bei allen Problemen behindern vor allem angenommene Mythen
und vorgebliche Grundlagen den Ausbruch aus den Lösungssuchzyklen.
Daher ist es einmal interessant ob man es, wie zum Beispiel in der
Mathematik üblich, leisten kann die Rahmenbedingungen und
Grundvoraussetzungen abseits von semantischen Spielereien zu
definieren, da man manchmal das Gefühl bekommt, dass hier oft schon
viel mehr um des Kaisers Bart gestritten wird anstatt um valide
Lösungsschritte. Hierbei kann man auch gleich die verwendeten
Lösungssuchmethoden auf ihre Wirksamkeit untersuchen.
1.)
Obergrenze – Diese Diskussion ist offenbar eine Scheindiskussion
und eine Folge der darunterliegenden Annahmen, die sich zum Teil in
einem eigenartig rechtsfreien Raum befinden. Systemtheoretisch ist es
vollkommen klar, dass ein vorhandes System (Gemeinschaft, Gruppe,
Staat, Staatenverbund) nicht unbegrenzt anwachsen kann, speziell
nicht in kurzen Zeitabschnitten. Die Diskussion über Obergrenzen ist
vielmehr der theoretische Versuch das Handlungsregime wieder in das
System zurückzuholen. Vorher sind in der Obergrenzen-Diskussion aber
zwei bedingende Begriffe zu diskutieren: Solidarität und Asylrecht
als einforderbares Recht. Jeder Topf hat einen Deckel.
2.)
Asylrecht als einforderbares Recht. Prinzipiell ist das Asylrecht in
seiner jetzigen Auslegung ein Recht, dass ALLEN bedürftigen Opfern
von Kriegen (Naturkatastrophen, Industriekatastrophen,
wirtschaftliche Katastrophen, Umweltkatastrophen sind hier nicht
beinhaltet) ein von ihnen einforderbares Recht von außerhalb des
Systems einräumt, wobei die Inanspruchnahme in keiner Weise
mengenmäßig beschränkt wird. Das ist konzeptionell wahrscheinlich
eine der Ursachen, warum hier keine klaren Vorgehensstrategien
gefunden werden ohne, dass man Menschen von außerhalb des Systems
ihr zugebilligtes Anspruchsrecht entzieht. Wie in solchen Fällen
üblich wird daher versucht über die Rahmenbedingungen (sichere
Herkunftsländer, wer kann ein Opfer wovon sein, usw.) die Menge der
Berechtigten einzuschränken. Vielleicht ist der Anspruch, ALLEN
Kriegsopfern einen Rechtsanspruch in einem System einzuräumen rein
praktisch einfach nicht umsetzbarer? Jedem Menschen recht getan ist
eine Kunst die niemand kann.
3.)
Solidarität: Solidarität ist wohl der am meisten missbrauchte
Begriff in dieser Diskussion. Da wird von verschiedenen politischen
Gruppen die Solidarität mit den Kriegsopfern weltweit eingefordert
um Migrationsströme zu rechtfertigen um gleichzeitig innerhalb des
Systems (EU) die Solidarität mit EU-Bürgern abzubauen. Gleichzeitig
soll die Solidarität von Gruppen innerhalb des Systems EU durch die
Androhung des Entzuges von Solidarität erzwungen werden. Wie weit
das wiederum solidarisch ist, ist fraglich. Gleichzeitig werden beispielsweise Roma
aus Rumänien derzeit durch nordafrikanische Migranten zusehend von
ihren Bettelplätzen verdrängt. Oder ungarische Firmen, die Arbeiter
entsenden wollen Kammern verschärft reglementieren. Inwieweit das
wiederum EU-intern solidaritätsstiftend sein soll ist fraglich. Es
ist schon eine große Herausforderung innerhalb der EU echte
Solidarität zu üben. Oder gar innerhalb der einzelnen
Nationalstaaten. Mit allen Menschen gleich solidarisch zu sein, führt
anscheinend dazu, dass sich sehr viele zurückgesetzt fühlen.
4.)
Integration: Integration ist ein Schritt in der Logik der Migration.
Die mittel- und nordeuropäischen Staaten versprechen den bereits in
fernen Flüchtlingslagern sitzenden Menschen Arbeit, Unterstützung und
Integration. Damit bauen durch diese Asylanreize eine massive
Konkurrenz zu stupiden Flüchtlingslagern, deren einzige Funktion es
ist, Leben zu retten – sonst aber auch nichts mehr. Solange dieses
Versprechen gilt wird jeder Mensch, der in einem Flüchtlingslager
„nur“ das nackte Leben gerettet hat, versuchen sein
Menschen-Leben durch Einlösung dieses rechtsgültigen Versprechens
wieder zu einem sinnstiftenden zu machen. Die versprochene
Integration hängt aber massiv vom Vorhandensein von Arbeit ab. Wenn
dieses Gut bereits eine Mangelware ist, dann befeuert man
innerhalb des Systems massiv den Kampf um Arbeit. Auch wenn es
gelänge in relativ kurzer Zeit die Migranten „arbeitsfähig“ zu
machen (schreiben, lesen, sprechen, rechnen) wird man in den meisten
Fällen sein Versprechen nicht erfüllen können und/oder bereits im
System befindlichen Integranten zurücksetzen müssen. Wenn man als
Benchmark die Integration Ostdeutschlands heranzieht, sind das
Integrationshalbwertszeiten von mindestens 5-10 Jahren
(Integrationshalbwertszeit bedeutet hier, dass 50% der ursprünglichen
Migrationsmenge voll integriert ist) anzunehmen. Dies deutet auch
auf eine Falsifikation der Bevölkerungsentwicklungsdebatte hin. Wenn
man die aufzuwendenen Integrations-Milliarden für die Förderung der
Nachwuchsrate investieren würde, würden in einem ähnlichen
Zeitraum ähnlich viele integrierte Systemmitglieder (Staatsbürger)
vorhanden sein. Für einen Systemteilnehmer ist es daher nicht ganz
selbsterklärlich warum man die Investition in „fremde“ Menschen
tätigt aber nicht in die Steigerung der autochtonen Geburtenrate.
Alleine schon das Aufwerfen dieses Gedankens führt bei vielen
Ideologen zum zücken der Nazi-Keule, da deutsches/österreichisches
Bevölkerungswachstum zu fördern immer sofort mit dem Mutterorden
gleichgesetzt wird, während „fremde“ Kulturen und Menschen
massiv zu fördern als eine Art Wiedergutmachung verstanden wird.
Irgendwie drüften in der gesamten Flüchtlingsdebatte im
deutschsprachigen Raum nach wie vor Schuldgefühle eine Art
moralischen Anstoß geben und nicht einfache, ideologieunabhängige
Konzepte wie ein System funktionieren und sich positiv (konfliktfrei)
entwickeln kann.
Ein
wahrscheinlicher Lösungsansatz wäre, das Leistungs-Versprechen an
die Welt zurückzunehmen. Europa kann viele Menschen (Flüchtlinge
UND Migranten) aufnehmen aber nicht alle. Europa hat bisher kaum
Verantwortung in Irak/Syrien/Lybien auf sich genommen. Die Briten,
die immer in vorderster Front bei jedem Angriffskrieg in der Region
mit dabei waren, bekommen mit einer weiteren Extrawurst ihre
Belohnung dafür. Die Türkei, die hier ein sehr perfides Spiel
spielt wird fast zum Vollmitglied h.c und Lieblingspartner für die
EU. So kann das nicht gehen. Verabschieden wir uns einfach einmal von
unseren Selbsttäuschungen und machen wir wieder das was wir uns
vorgenommen hatten. Ein Friedensprojekt Europa. Wer nimmt uns dann
auf, wenn dieses Projekt scheitert? Dieses Projekt war und ist die
Lösung für das Problem Krieg! Jeder der dieses Projekt
zerstören/schwächen will will keinen Frieden.
DI
Mathias Gruböck Baden, 19.02.2016
Unternehmens-
und Organisationsberater
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