25 April 2016

Regelsystem

Die Demokratie ist ein sehr einfaches Regelsystem. Es fragt die Grundgesamtheit der Bevölkerung nach ihrer Einschätzung ab. Gewinnt man bei Wahlen (die heutzutage durchaus elektronisiert und höherfrequent stattfinden könnten) die Mehrzahl an Stimmen, dann entspricht das dem mehrheitlichen Willen der Gemeinschaft. Verliert man, dann ist man falsch gelegen. Dieses einfache System hilft eine Lernkurve zu installieren. Wenn man lernfähig ist.

SPÖ und ÖVP sind das anscheinend nicht. Seit Jahren verlieren sie eine Wahl nach der anderen prozentuell ohne wirklich daraus Schlüsse zu ziehen oder gar ihr Verhalten zu ändern. Wer nicht hören will muss fühlen – jetzt gibt es eine voll auf die Mütze. Und allem Anschein nach verstehen die beiden Parteien es noch immer nicht. Da werden die Pfründe verteidigt und politische Intrigen gesponnen, dass es eine Freude ist. Da werden zwei Kandidaten den Bürgern zur Wahl gestellt, die zum hunderttausendsten Mal irgendwelchen parteiinternen Ränkespielen dienen und kein Mensch kommt darauf, dass man doch schon einen Kandidaten nehmen sollte, der vom Sympathisanten wählbar ist. Es entsteht der Eindruck, dass die beiden ehemaligen großen Volksparteien sich in ihrer eigenen hermetischen Systematik befinden, bei der der Bürger nur stört. Und diejenigen die andere wählen, werden als Vollidioten oder rechtes Pack denunziert. Nur sind das die gleichen Vollidioten, die zuvor hochgeschätzte SPÖVP-Wähler waren.

Refokussierung, Restrukturierung, Neustart, alles Worthülsen, die keiner mehr glaubt, gepaart mit einem Hofberichterstattungsjournalismus, dessen größte Angst es ist, dass sich irgendetwas verändern könnte. Ist das gleiche wie bei Windows-Mobile, irgendwann ist es aus. Die Jubelbotschaft: das nennt man Demokratie. Die braucht man nicht, wenn man 70 Jahre an der Macht ist. Jetzt wird man auf einmal die Freunde und Netzwerker dieses jahrzehntealten modrigen Filzes dabei erkennen wie sie die sinkenden Schiffe verlassen, orientierungslos zum nächsten kriechen oder bis zur letzten Sekunde ihre Partei-Stellung verteidigen werden. Dadurch, dass ein derart athrotisches System nicht schmerzfrei abtritt wird es zum Teil zu einer Art Bürgerkrieg ohne Waffen kommen. Wenn diese Regierung wirklich Verantwortung für Österreich tragen würde, dann müsste sie zurücktretet. Aber offenbar setzt sich die Durchhalteparole durch, einfach weiter gegen die Bevölkerung zu regieren. Nur da wird nichts anderes dabei herauskommen, als das, was sich jetzt offenbar überholt hat. Vielleicht würde eine Rückbesinnung der SPÖ auf wirkliche sozialistische Ideen und Konzepte guttun – ein SPÖ-Kandidat der sich hauptsächlich für österreichischen Nationalismus eintritt anstatt für die Internationale ist kaum einzuordnen. Da wird schon etwas gehen, mehr jedenfalls als bei der ÖVP. Diese Bündestruktur mit dem Regionalmultiplikator ist sowas von schlagseitig, dass zum Schluss nur noch eine laue Beamtenpartei überbleibt. Überhaupt sollten sich die beiden ehemaligen großen Parteien überlegen ob sie sich auf Bundesebene nicht selbst abmontiert haben, da die reale Macht derzeit wohl in den Ländern beheimatet ist. Die Regierung sollte sich vielleicht einmal ihr Pouvoir zurückholen, außer einer Dachmarke ist da nämlich nicht viel mehr über. Österreichs Kernländer, also Niederösterreich und Wien bestimmen in diesem Land. Nicht zuletzt gesehen bei der Priorität der Personalrochade der ehemaligen Innenministerin von der Bundesregierung in die Landesregierung. Der machtvolle Karriereaufstieg vom Bund zum Land. Wen interessiert eigentlich noch eine österreichische Bundesregierung? Was lernt sie aus dem Ganzen? Nur durchhalten ist zu wenig!

DI Mathias Gruböck                                                                                            Nondorf, 25.04.2016
Unternehmens- und Organisationsberater


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